Vittorio Hösle, Kritik der verstehenden Vernunft . Eine Grundlegung der Geisteswissenschaften

 

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Vernunft - Kritik (H. Hösle)
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Online-Publikation: Juli 2018 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
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2018. 503 S. gebunden mit Schutzumschlag und Leseband; ISBN 978-3-406-72588-3; 38,00 €
Verlag C. H. Beck; 80703 München; http://www.chbeck.de

Inhalt
Die Beliebigkeit, die für die Geisteswissenschaften zu Anfang des 21. Jahrhunderts kennzeichnend ist, hat viele Ursachen. Eine zentrale ist das Fehlen von Klarheit hinsichtlich grundlegender Begriffe, Methoden und Aufgaben dieser Wissenschaften. Die Beseitigung dieses Mankos unternimmt Vittorio Hösle mit seinem neuen großen Buch. Insbesondere geht es ihm darum, die Möglichkeit intersubjektiv gültigen Verstehens aufzuzeigen. Denn das Bestreiten dieser Möglichkeit, wie es postmodern gang und gäbe geworden ist, gefährdet die Geisteswissenschaften bis ins Fundament. Hösles Ausführungen setzen mit der Erkenntnis ein, dass zwischen dem Verstehen von Aussagen in der eigenen Muttersprache und den akrobatischen Interpretationsleistungen, die etwa der Entzifferer einer verschollenen Schrift vollbringt, zwischen Lebenswelt und Geisteswissenschaft also, eine erstaunliche Kontinuität waltet. Dabei geht er davon aus, dass die Hermeneutik eine Unterdisziplin der Erkenntnistheorie und daher normativ ausgerichtet ist – es geht in ihr darum, richtiges Verstehen von Missverstehen zu unterscheiden. Denn man kann nicht nur anders, man kann auch besser oder schlechter verstehen, ja, auch etwas völlig missverstehen. Doch Hösles Buch bietet nicht nur eine ausführliche, von Kant inspirierte Analytik und Systematik der komplexen Akte des Verstehens unter Berücksichtigung etwa auch der Jurisprudenz und der Theologie. Ebenso unterzieht es einseitige hermeneutische Theorien der Kritik, darunter auch Freuds Psychoanalyse. Ein abschließender Teil bietet eine kurze Geschichte der Hermeneutik von der Antike bis Gadamer und Davidson mit einem Ausblick auf die Geisteswissenschaften der Zukunft.

Leseprobehttps://beckassets.blob.core.windows.net/product/readingsample/24093148/24093148_leseprobe_kritikder.pdf

Autor
Vittorio Hösle wurde 1960 in Mailand geboren und studierte Philosophie, Wissenschaftsgeschichte, Gräzistik und Indologie an den Universitäten Regensburg, Tübingen, Bochum und Freiburg. Nach Promotion (1982) und Habilitation (1986) in Tübingen im Fach Philosophie war er Professor an der New School for Social Research in New York, in Essen, Hannover und seit 1999 an der University of Notre Dame für deutsche Literatur, Philosophie und Politikwissenschaft.
Vittorio Hösle ist Paul Kimball Professor of Arts and Letters an der University of Notre Dame (USA)

Fazit, vorangestellt
Vittorio Hösle's, "Kritik der verstehenden Vernunft" entbirgt einen Diskurs zu einer erneuernden 'Grundlegung der Geisteswissenschaften'. Dieser Diskurs enthält eine Analytik sowie eine Dialektik des Verstehens als auch ein kurze Geschichte der Hermeneutik. Hösle bedauert, dass er Gadamers Auffassung nicht immer zustimmen konnte
Dabei geht es besonders um die Wiedergewinnung der Wahrheitsdimension der Hermeneutik, so die Theorie Gadamers geschichtliche Substantialität als ein historisches Äquivalent als auch die Transzendentalphilosophie von Davidson auf der Basis von Schelling , Hegel, Spinoza und Kant...
Hösles Quintessenz beinhaltet eine 8-Punkte Geisteswissenschaft der Zukunft: Noetisch-noematische Kompetenz, Inhalt und Form einer Gestaltung sind nur gemeinsam zu kategorisieren, Verstehen und Werte axiologisch kompetent zu kennzeichnen,
Gestaltungsklassiker sind als Hüter von Qualitätsstandards zur geteilten Weltkultur zu sehen. das Leben einer Kultur ist eine Einheit, nur mit einer transdisziplinären Kompetenz zu erfassen, hinzu kommt der komparativer, vielsprachliche Zugang,
die geisteswissenschaftliche Deutung darf nicht Einzelinterpretationen übergehen, schliesslich kann nur eine neue Verknüpfung von Philosophie (Geist, Natur und Technik) wissenschaftlich kann die Zukunft der Geisteswissenschaft erneuernd belebe.' Dem ist im transdisziplinären Sinn dialektisch zuzustimmen. m+w.p18-7


Klärendes Glossar zu den Hauptbegriffsfeldern:
axiologisch
Die philosophische Axiologie (griechisch ἀξία axia „Wert“; auch: Wertphilosophie, Timologie, Werttheorie, Wertlehre) ist die allgemeine Lehre von den Werten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Axiologie_(Philosophie)

Subtantialität
Substanzialitätstheorie, die in der Scholastik und der rationalen Psychologie vertretene Lehre, dass die Seele eine Substanz, ein einheitliches, selbstständiges Wesen sei, das den seelischen Vorgängen zugrunde liege; sie wurde von der modernen Psychologie zugunsten der Aktualitätstheorie...
http://www.enzyklo.de/lokal/42134

hermeneutisch...
Hermeneutik als Methode ist ein systematisiertes, praktisches Verfahren, um Texte auf reflektierte Weise verstehen und auslegen zu können. Die hermeneutische Methode wird in der Philosophie, Theologie, Rechtswissenschaft sowie in der Sozial- und Literaturwissenschaft angewendet. Hermeneutik als Methode ist mit der philosophischen Hermeneutik nur teilweise deckungsgleich.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hermeneutik_(Methode)
https://de.wikipedia.org/wiki/Hermeneutik
https://www.unioldenburg.de/fileadmin/user_upload/sonderpaedagogik/download/DOZ/Grundlagen_der_Hermeneutik.pdf

Quine (Naturalismus / Holismus..)
Willard Van Orman Quine (* 25. Juni 1908 in Akron, Ohio; † 25. Dezember 2000 in Boston, Massachusetts) war ein US-amerikanischer Philosoph und Logiker. Quine gilt als bedeutender Vertreter der Analytischen Philosophie und des philosophischen Naturalismus sowie des Holismus. Im Bereich der systematischen theoretischen Philosophie gehört er zu den bedeutendsten englischsprachigen Philosophen des 20. Jahrhunderts. Mit ihm verschob sich das Zentrum der analytischen Bewegung von England und dem europäischen Kontinent in die USA. Sein Werk berührt alle Kerndisziplinen der theoretischen Philosophie wie Erkenntnistheorie, Sprachphilosophie, Wissenschaftstheorie, Logik und Ontologie.
Quine gehörte zu den wichtigsten Kritikern der Philosophie des Wiener Kreises.
Er bemühte sich, den logischen Empirismus von seinen dogmatischen Elementen zu befreien und ihn mit Argumenten aus der Tradition des amerikanischen Pragmatismus anzureichern. Sein sprachphilosophischer und wissenschaftstheoretischer Holismus ist in der analytischen Philosophie bis heute Gegenstand kontroverser Diskussionen.

noetisch ...
Nous oder Nus (altgriechisch)
ist ein Begriff der antiken griechischen Philosophie. In der philosophischen Fachsprache bezeichnet der Ausdruck die menschliche Fähigkeit, etwas geistig zu erfassen, und die Instanz im Menschen, die für das Erkennen und Denken zuständig ist
Noetische Wissenschaft - Noetik
Hergeleitet wird der Begriff Noetik vom griechischen Wort "noétos" oder "nous". Nous bedeutet Vernunft, Geist. Noétos bedeutet es ist etwas mit dem Geist, der Seele wahrnehmbar.
Noetik ist eine sogenannte Grenzwissenschaft. In ihr geht es um Wesen, Ursprung und Inhalt menschlicher Erkenntnis. Darüber hinaus befasst sich die noetische Wissenschaft mit der Frage, wie Wissen zustande kommt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Nous
http://freimaurer-wiki.de/index.php/Noetische_Wissenschaft_-_Noetik

noematisch...
Noema (griech., das Gedachte, Erkenntnis- oder Denkinhalt, von nous) ist nach Husserl der Inhalt des Denkens, Sehens, Phantasierens, Meinens, also zum Beispiel der gedachte Baum, der phantasierte Minotaurus, der gesehene Mensch, aber auch der gedachte Gehalt eines Urteilsaktes (das ‚Urteil‘ im Sinne des Geurteilten, heute meist ‚Proposition‘ genannt[1]). https://de.wikipedia.org/wiki/Noema_(Ph%C3%A4nomenologie)

Erleben bei Dilthey
Der Mensch ist in Diltheys Theorie nicht nur in einen Naturzusammenhang eingebunden, sondern ebenso in einen Geschichts- und Kulturzusammenhang. Mit seinem Projekt der Kritik der historischen Vernunft bemüht Dilthey sich die Grundlagen für eine eigenständige Geisteswissenschaft zu legen. Die Definition von Vernunft ist für ihn stets abhängig vom Zeitpunkt ihrer Betrachtung in der Geschichte und nicht eine überzeitliche und feststehende Größe...
Wilhelm Dilthey (* 19. November 1833 in Biebrich; † 1. Oktober 1911 in Seis am Schlern, Südtirol) war ein deutscher Theologe, Gymnasiallehrer und Philosoph
Entgegen dem zu seiner Zeit stark verbreiteten Naturalismus entwickelte Dilthey ein lebensphilosophisches Fundament, welches das menschliche Leben und die Formen seines Ausdrucks nicht mehr nur nach Naturgesetzlichkeiten erklärte, sondern vielmehr die Eigengesetzlichkeit des menschlichen Geisteslebens zu verstehen suchte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Dilthey
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Weitere Vertiefende Hinweise zu Hösle:
http://www.kultur-punkt.ch/hoesle-aesthetik-poetik.html
http://www.kultur-punkt.ch/pa4-diskurse-2013-zum-guten-leben-iii.html
http://www.kultur-punkt.ch/diskurs-platon-akademie-4-pa4/pa4-diskurse-2013-zum-guten-leben/pa4-diskurse-2013-zum-guten-leben-iii/wirkfelder-i-ii-hoesle-pa4.html

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Zur Inhaltsfolge
Vorwort

1. Analytik des Verstehens
 1.1. Formale Kennzeichen des Verstehens
 1.2. Gegenstände und Akte des Verstehens
 1.3. Bedingungen der Möglichkeit des Verstehens.

2. Dialektik des Verstehens
 2.1. Behavioristische Hermeneutik. Die Fokussierung auf das Verhalten bei Quine
 2.2. Noetische Hermeneutik. Die Fokussierung auf das Erleben bei Dilthey
 2.3. Noematische Hermeneutik

3. Eine kurze Geschichte der Hermeneutik
 3.1. Antike und Mittelalter: Wahrheit statt Sinn
 3.2. Das Verstehen von Sinn unabhängig von seiner Wahrheit
 3.3. Die Wiedergewinnung der Wahrheitsdimension der Hermeneutik bei Gadamer und Davidson
 3.4. Die Geisteswissenschaften der Zukunft

Anhang
 Bibliographie
 Personenregister

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