Andrea Mantegna und die Druckgraphik

<<Staatsgalerie Stuttgart : Andrea Mantegna und die Druckgraphik »Wie man aber bisher ohne ihn leben konnte, begreif ich nicht recht« (Goethe) 18.10.2008 – 1.2.2009 Graphik-Kabinett>>
www.staatsgalerie.de;  Sarah Wegenast; presse@staatsgalerie.de

Im Zentrum der Ausstellung stehen die sieben sogenannten »Meisterstiche« von Andrea Mantegna (1431–1506), die ihm nach der jüngsten Forschung als eigenhändige Werke zugeschrieben werden. Darunter befindet sich das Blatt Kampf der Seegötter, dessen Thema sich auf Vergils Aeneis bezieht: die auf Aeneas neidische Juno entfesselt hinter dem Rücken Neptuns einen Seesturm. Die Ausstellung wird ergänzt um Kupferstiche von Mitarbeitern und Schülern Mantegnas, der als erster in Italien eine Kupferstecherwerkstatt in größerem Stil betrieben hat.

Wie nachhaltig Mantegnas Kunst wirkte, zeigen mehrere Graphik-Folgen nach dessen Fresken, wie die Chiaroscuro-Holzschnitte von Andrea Andreani (1558/9–1629) zum Triumphzug Caesars von 1598/99 sowie die Kupferstiche von Robert van Audenaerde (1663–1743) aus dem Jahr 1682 nach dem glei-chen Zyklus. Mantegna schuf die neun Bilder zum Triumphzug Caesars mit Unterbrechungen zwischen 1486 und 1492 für Giovanni Francesco II. Gonzaga, Herzog von Mantua. Durch den Verkauf der Gonzaga-Sammlung 1629 kamen sie in den Besitz des englischen Königshauses und sind heute in Hampton Court ausgestellt. Der besondere Reiz im Vergleich beider Graphik-Folgen liegt darin, dass Andreani die Bilder Mantegnas noch in Mantua gesehen hat, Aude-naerde aber die Originale nicht kannte und seine Kupferstiche nach den Holz-schnitten Andreanis kopierte. Johann Wolfgang von Goethe hat sich mit dem Triumphzug Caesars von Mantegna, den er ebenfalls nie im Original gesehen hat, ausführlich in einer zweiteiligen Studie, publiziert in Über Kunst und Alter-tum 1823, beschäftigt und als Anschauungsmaterial die Chiaroscuro-Holzschnitte von Andrea Andreani verwendet. Als diese 1820 bei ihm eintrafen, schrieb er an Johann Heinrich Meyer: »Wie man aber bisher ohne ihn leben konnte, begreif ich nicht recht.«

Einen weiteren Höhepunkt der Ausstellung bildet die Folge von fünf Radierun-gen von Giovanni David (1743–1790) mit der Geschichte der hll. Jacobus d. Ä. und Christophorus von 1776 nach den Fresken Mantegnas in der Ovetari-Kapelle der Kirche der Eremiten des hl. Augustinus in Padua. Die Kapelle wurde am 11. März 1944 zerstört. Erhalten haben sich nur wenige der Fres-ken, die erst jüngst restauriert und der Öffentlichkeit wieder zugänglich ge-macht wurden. Davids Folge liegt in der Stuttgarter Sammlung in drei Versio-nen vor:
Neben dem ersten in Umrissradierungen und dem zweiten schraffierten Zu-stand, ist es vor allem ein dritter, von David handkolorierter Zustand, der ein-zigartig auf der Welt ist. Letzterer entstand für den Auftraggeber der Folge, den genuesischen Grafen Jacopo Durazzo (1717–1794). Aus dessen von sei-nen Erben am 19. November 1872 bei H. G. Gutekunst in Stuttgart verauktio-nierter Sammlung konnten die Blätter, neben zahlreichen weiteren, vom da-maligen Kustos des Königlichen Kupferstichkabinetts Stuttgart, Karl Ludwig Weisser, mit finanzieller Unterstützung durch Königin Olga erworben werden.
Die Ausstellung bietet somit eine seltene Gelegenheit, sich dem Werk eines der größten Künstler der italienischen Renaissance zu widmen.