Gottfried Semper 1803 – 1879: Architektur und Wissenschaft

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    W+B Agentur-Presseaussendung Dezember03 / Januar 04
    <<Transdisziplinäre Architektur beheimatet Kunst und Weisheit>>
    Katalogbuch- und Ereignisbesprechung
    <<Gottfried Semper 1803 – 1879: Architektur und Wissenschaft>>
    Herausgegeben und Beiträge von Winfried Nerdinger und Werner Oechslin
    Weitere Beiträge von B. Altmann, Ch. Hölz, H. Laudel, B. Mauer, G. Moeller,
    S. Pisani, D. Weidmann
    520 S.; 600 Abb., gebunden; SFR 112.- broschiert SFR 56.-
    gta Verlag www.gta.arch.ethz.ch / Prestel Verlag www.prestel.de , Zürich /München, 2003

  • Sempers transdisziplinäres Schaffen umfasst - nach seinem Vorbild Humboldt – die Gebiete anfänglich Mathematik, Geschichte, Wasserbau (Göttingen,1823), Architekturstudium (Paris, 1826) Studien in Griechenland und Italien (1830-33), Städtebau und Entwürfe in Dresden 1835).
    Parallel dazu entsteht seine Publikation: "Vorläufige Bemerkungen über bemalte Architektur und Plastik bei den Alten".
    Bereits hier bemerken wir die humboldtsche Methode der sowohl lebensbegleitenden als auch makro- wie mikrokosmischen Vernetzung seines planenden und zugleich diskursiven Denk- und Wirkverhaltens.
    Semper wird Professor an der Kunstakademie Dresden 1834-47) und plant da den Bau des 1. Hoftheaters, der Gemäldgalerie. Stadtplanerisch ist er in dieser Zeit auch in Hamburg tätig. Politisch wird er mit Richard Wagner als Barrikaden-Planer und Hauptakteur zum Rückzug I- in seinem Leben - nach Paris (1849) geschlagen. Bereits ein Jahr später finden wir jedoch Semper in London. Er gestaltet da vier Ländersektionen für die Weltausstellung 1851.
    Vier Jahre später begegnen wir ihm als Leiter des neu gegründeten Eidgenössischen Polytechnikum (heute ETH) in Zürich. 1864 erhält er die Ehrendoktorwürde der Uni-ZH.
    1869 wird er neben Gottfried Semper Carl Hasenauer Gutachter zur Planung der Wiener Hofmuseen (heute Neue Burg- Völkerkundemuseum, Natur- und Kunsthistorisches Museum, zusammen mit der Platzgestaltung, damals auch Kaiserforum genannt, an dem Hitler vom Balkon der Nationalbibliothek aus 1938 Österreichs Anschluss an das Deutsche Reich zelebrierte.
    1975 erfolgt Sempers Rückzug II- seines Schaffens – aufgrund von Konflikten mit und durch Hasenauer, der diese Planung 1885 leidlich abschliesst. Gleichzeitig entstehen parallel dazu von Semper das Hofburgtheater und vor allem das Jahrhundert-Wendewerk 1875-77 - das für den nachfolgenden Architekten Otto Wagners und dem beginnenden Jugendstil hellsichtig und ahnungsvoll prägend wird – nämlich das: Theaterdekorations-Depot in der heutigen Lehargasse 6-8in Wien.

    An diesem unscheinbaren kleinen und rein funktionalen Zwecken dienendem Bau wird diese Hellsichtigkeit und Klarheit der transdisziplinären Sichtweise Sempers deutlich, es ist "Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten", der hier in einem Bauwerk musterprägend für das beginnende 20. Jahrhundert wirkt: Konstruktion, Ornament und klare Farb- und Materialgebung, mit einem Minimum an Material und einem Optimum an Funktion, gleichermassen. Schlanke Stahlgusspfeiler mit Rahmenstahlfachwerk, Holzbalkendecken und Holzriemenböden mit weissgestrichenen Innenwänden und Ziegelaussenmauerwerk gepaart. Heute noch dienen nun diese Räume wieder als Ausbildung-, Zeichensäle für die neue Generation von Architekten und Künstler der nahe gelegenen Akademie der bildenden Künste in Wien.
    1879 stirbt Semper in Rom.
    Zweihundert Jahre Semper: seine Weise und potentielle Energie erklingt aktuell immer noch - in den Tagen eines neuen gewalttätigen - und gewaltigen Umbruchs der europäisch-globalen Ausseinandersetzung für und wider die Inhärenz des Zusammenseins, Gemeinwohl und der Künste, die seither abgrundtief und unausrottbar auseinandergetrifftet sind (tektonisch gesehen: Eisschollen-Syndrom), rücksichtslos und sogar noch unbarmherzig im Gegeneinander: Da ist der notwendige Rückzug III nach Semper, angesagt, genauso musterhaft und hellsichtig wie I und II von Gottfried Semper kompetent vorgetragen, für uns hier und heute. Ein Morgen mit Semper Et Ubique wünscht W. Prankl