Das 'Narrenschiff' ist am Steinentor - Ufer' în Basel vor Anker gegangen

http://archiv.kultur-punkt.ch/ereignisse/schwabe12-8narrenschiff.htm

schwabe12-8narrenschiff

Das Narrenschiff *

Schwabe AG, Steinentorstrasse 13, 4010 Basel
Farnsburgerstrasse 8, 4132 Muttenz
Telefon +41 +61 467 85 85
Fax +41 61 467 85 56
www.schwabe.ch
*) http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Narrenschiff_(Brant)
Einführung: Ruedi Bienz, Vorsitzender der Geschäftsleitung: r.bienz@schwabe.ch
Musikalische Begleitung: Les Gitanes bleues: ulrichpletscher@gmx.net

<< Nach einem halben Jahrtausend erfolgreicher Sehfahrt mit Druck und Geisteswissen gewappnet - durch alle Wirren und UngeReimtheiten der geZeiten - ist das Narrenschiff *
am SteinentorUfer vor Anker gegangen. Mit der Bugseite und "der Nase vorn", nahe eines Brunnentempelchens, um WissensDurstige zum Laben einzuLaden. Mit Gut behütetem Heck /Backstage - dank einer der ersten Sprechbühnen druck-, wie digital- Gereifter deutscher Sprache und Rede
**! >> m+w.p


**) Rede: Ruedi Bienz, Vorsitzender der Geschäftsleitung,
zur Eröffnung der Buchhandlung "Narrenschiff", 10. August 2012

Sehr geehrter Herr Regierungsrat Wüthrich, lieber Urs
Sehr geehrte Damen und Herren
Liebe Freundinnen und Freunde des Hauses Schwabe

Ich freue mich, Sie zur Eröffnung der Buchhandlung „Das Narrenschiff“ hier am neuen Standort an der
Steinentorstrasse 11, begrüssen zu dürfen. Aus der grossen Zahl der Anwesenden möchte ich kurz
zwei Personen hervorheben und besonders begrüssen. Beatrice Alder, die frühere Besitzerin des
Narrenschiffs, von der wir Ende 1999 diese Buchhandlung erwarben und, so hoffe ich, in ihrem Sinne
weiter führten. Ich freue mich sehr, liebe Beatrice, dass Du heute bei uns bist, und Dr. Frank
Hieronymus, der für uns zum 500-Jahr-Jubiläum das monumentale Werk Petri 1488 – Schwabe 1988,
2 Bände 2045 Seiten, erarbeitete. Eine wissenschaftliche, fundierte Geschichte unseres Hauses und
der Tätigkeit der verschiedenen Drucker-Verleger. Herzlich willkommen Frank Hieronymus.
Die Eröffnung einer Buchhandlung ist zu einer seltenen Veranstaltung geworden. Viel häufiger als von
Eröffnung hört und liest man von Schliessungen. Das wäre auch eine Option gewesen für das
Narrenschiff. Am alten Standort, im Schmiedenhof, baut die GGG eine neue Bibliothek, und den
Mietern wurde auf Frühjahr 2013 gekündigt. Also, eine einfache Möglichkeit, sich aus dem
schwierigen Buchhandelsgeschäft zu verabschieden.
Aber das wollten wir nicht. Seit der Nachfolgeregelung in den 90er Jahren, als der frühere Besitzer
von Schwabe, Christian Overstolz, im Sinne von Nachhaltigkeit, Sicherung von Arbeitsplätzen und
Fortführung der 500jährigen Tradition das Unternehmen nicht an den Meistbietenden verkaufte,
sondern einer internen Lösung den Vorzug gab, welche aus seiner Sicht die grösstmögliche Sicherheit
für das erfolgreiche Weiterbestehen der Firma im 6. Jahrhundert ihres Daseins bot, haben wir an der
Konsolidierung und Abrundung unseres Dienstleistungsangebots gearbeitet. Die Buchhandlung mit
ihrem eigenständigen Sortiment ist für uns Kontaktstelle zu Lesern und Leserinnen, zur Basler
Einwohnerschaft und hier am neuen Ort soll sie auch zu einer Eintrittspforte zu unserem gesamten
Unternehmen werden.
Die wirtschaftliche Situation im Buchhandel ist keine einfache. Das wissen wir spätestens seit der
grossen Diskussion und der Abstimmung um die Buchpreisbindung. Wir wollen aber heute nicht
klagen. Wir werden mit einem attraktiven Angebot, mit guter Dienstleistung und kompetenter,
freundlicher Beratung unsere Kundinnen und Kunden gut bedienen. Die Buchhandlung Das
Narrenschiff war nie und wird keine Buchhandlung für ein Massenpublikum werden.
Bei uns werden sie die Titel der Bestsellerlisten nicht zu Schleuderpreisen finden. Aber dafür schlagen
wir bei Fachbüchern auch nicht verstohlen 20% auf die offiziellen Preise, wie es bei Filialen der
grossen Ketten durchaus üblich ist. Wir werden unsere interessierte, anspruchsvolle, gebildete
Kundschaft aufmerksam begleiten, uns für Bildung, Kultur und Leseförderung engagieren und einen
Begegnungsort für neugierige engagierte Leute bieten. Dies ist eine langfristige, wichtige Aufgabe, die
wir mit unserer Tätigkeit in Verlag und Buchhandlung wahrnehmen wollen.
Es freut mich sehr, dass Franziska und Jens Stocker, die Inhaber der Buchhandlung Bider & Tanner
heute bei uns sind. Wir sind Konkurrenten, aber ich bin sicher, dass wir uns auch zukünftig
gegenseitig beim Erreichen unserer Ziele und in unseren Bemühungen unterstützen werden.
Die wirtschaftliche Situation ist nicht nur im Buchhandel schwierig, sie ist weder im Verlagsbereich
noch in der Druckbranche einfacher. Schwabe setzt hier konsequent auf Qualität und Dienstleistung.
Ein Schwabe-Buch ist vom wissenschaftlichen Lektorat begutachtet und bearbeitet worden. Das
Schwabe-Signet auf einer Publikation ist auch ein Qualitätssiegel. Dafür arbeiten zehn festangestellte
Geisteswissenschaftlerinnen und Geisteswissenschaftler im Schwabe-Verlag und im Verlag Johannes
Petri. Dazu kommen noch 5 Medizinerinnen, Mediziner und Natuwissenschaftlerinnen im
Schweizerischen Ärzteverlag EMH.
Ähnliches kann ich von der Druckerei sagen: Schwabe-Bücher werden in der Schweiz, bei Schwabe
produziert. Wir finden es nicht vertretbar, dass Publikationen von wissenschaftlichen Arbeiten, welche
durch massive öffentliche Mittel, also durch unsere Steuergelder, unterstützt sind, ein paar Franken
billiger irgendwo im Ausland produziert werden. Dies oft unter schlechteren Arbeitsbedingungen als
bei uns und mit wesentlich geringeren Umweltschutzauflagen.
Unsere Druckerei hat sich Zertifizierungen erarbeitet. Sie hat das Zertifikat „Swiss PSO“ für klar
dokumentierte und standardisierte Produktionsabläufe, sie ist FSC zertifiziert zur Dokumentation der
Verarbeitung von Werkstoffen aus nachhaltiger Produktion und sie hat die my-climate-Zertifizierung
erworben, die Möglichkeit der Kompensation des verursachten CO2-Ausstosses. Auf dem
Druckereigebäude in Muttenz ist seit einem knappen Monat eine Solaranlage in Betrieb, welche pro
Jahr rund 30‘000 kWh Strom produzieren und ins Netz einspeisen kann.
Ein Printprodukt von Schwabe soll ein Qualitätsprodukt sein, hergestellt mit modernsten
Produktionsmitteln, unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Mensch und Umwelt. Wir fühlen uns
verantwortlich für unsere Umwelt und für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir versuchen dies
so gut wie immer möglich, unter allen wirtschaftlichen Zwängen, denen auch wir uns nicht entziehen
können, umzusetzen.
Jetzt habe ich immer nur von Büchern von Verlegen und Drucken gesprochen. Natürlich sind Bücher
von heute nicht einfach physisch fassbare auf Papier gedruckte und gebundene Objekte. Wenn ich
von Büchern spreche, geht es darum, wichtige und wertvolle Inhalte in sinnvoller, zitierbarer Form
aufzubereiten und als klar definierbares Angebot verfügbar zu machen. Die Form in der diese Inhalte
dargeboten werden, definiert sich aus den Bedürfnissen der „Nutzer“. Um diese Anforderungen
erfüllen zu können, gibt es bei Schwabe auch einen ausgebauten Informatikbereich. Hier sind
kompetente Partner zum Betrieb von Content-Management- und Redaktionssystemen, zum Erstellen
von Cross-Media-Publikationen und von Websites zu finden. Natürlich gehören auch e-Books dazu.
Aber was sind heute e-Books? Jeder spricht davon, jeder meint etwas Anderes. Ist es Text für das
iPad, ist es eine angereicherte e-Pub-Version mit Videos und Grafiken oder sind es einfach abrufbare
PDFs? Wir bewegen uns hier in einem neuen und noch recht unübersichtlichen Umfeld. Aber wir
bewegen uns. Künftig wird es noch klarere Standards geben müssen und es wird auch klarere
Finanzierungsmodelle geben. Eine spannende Zeit steht uns bevor, und unser Slogan
„Wissensmanagement seit 1488“ wird immer treffender.
Aber zwei Dinge wage ich mit Gewissheit zu behaupten: Wir werden in Zukunft wieder mehr über die
Qualität der Inhalte und weniger über die Technik sprechen. Die neuen elektronischen
Publikationsformen werden einen Teil der gedruckten Bücher verdrängen, die schnelllebigen
Nachschlagewerke zum Beispiel. Aber ein Grossteil an Büchern wird in gedruckter Form erhalten
bleiben, begleitet von interessanten elektronischen Ausgaben. Angereichert mit audio-visuellen
Elementen, Verweisen und Zusatzmaterialien. Wir werden wählen können, in welcher Form wir einen
Inhalt konsumieren wollen. Am Arbeitsplatz vielleicht elektronisch, zu Hause im Lehnstuhl mit einem
Glas Wein glaube ich eher ans gedruckte Buch.
Ich habe nun von der breiten Tätigkeitspalette von Schwabe mit seinen insgesamt rund 170
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesprochen. Von der Informatik mit ihrem Leiter Michael Düblin, der
heute Nachmittag aus seinem zweiten Roman „Der Alpenflug“, gelesen hat, der Druckerei und dem
Digitaldruck unter der Leitung von Paulin Maisen und dem Schweizerischen Ärzteverlag mit den
Geschäftsleitungsmitgliedern Natalie Marty, Bruno Kesseli und Karin Würz, alle zusammen
beheimatet in einem grauen Beton-Produktionsgebäude in der Industriezone von Muttenz, vom Verlag
Schwabe in Basel, hier gegenüber an der Steinentorstrasse 13, mit dem Verlagsleitungsteam
Marianne Wackernagel, Wolfgang Rother und Anne Rose Fischer und vom Verlag Johannes Petri, der
noch gar kein so richtiges zu Hause hat.
Das wird sich nun ändern. Das Narrenschiff, hier an diesem zentralen Platz soll Ansprechpunkt,
Eingangstor zu Schwabe werden. Hier im ersten Stock wird der Verlag Johannes Petri beheimatet
sein, mit seinem Programmleiter Thomas Gierl. Ebenfalls hier im ersten Stock wird die Druckerei mit 2
Arbeitsplätzen präsent sein und vor allem Marketing und Vertrieb der beiden Verlage mit ihrer Chefin
und Hausherrin Anne Rose Fischer. Das wissenschaftliche Lektorat bleibt an der Steinentorstrasse
13.
Wenn Sie, liebe Gäste, eine Frage, ein Anliegen oder eine Kritik anzubringen haben, kommen Sie an
die Steinentorstrasse 11. Unsere Buchhändlerinnen oder die anderen anwesenden Mitarbeitenden
werden Sie empfangen und mit den zuständigen Ansprechpersonen in unserem Hause zusammen
bringen.
Nun bleibt mir noch zu danken:
- Den Umbau hat das Innenarchitektur-Büro Brehm und Zehnder aus Muhen mit
ortsansässigen Handwerkern durchgeführt. Es war eine angenehme Zusammenarbeit und wir
freuen uns über das Resultat des Umbaus. Ich bedanke mich sehr bei Heinz Brehm und
Daniela Flury.
- Ich danke dem Team des Narrenschiffs, das zusammen mit Helfern aus der Druckerei über
das vorletzte Wochenende ohne Nebengeräusche und viel Aufhebens, das Narrenschiff
hierhin zügelte.
- Lydia Zimmer, unsere Fachfrau für Verlagsmarketing und Veranstaltungen, war bei uns den
Umbau verantwortlich. Die Zusammenarbeit mit der Firma Brehm + Zehnder war sehr gut,
diejenige mit der Liegenschaftsverwaltung und mit den verschiedenen Basler Behörden eher
mühsam, was zu einer Verschiebung der geplanten Narrenschiff-Eröffnung von Anfang Juni
auf heute geführt hat. Lydia herzlichen Dank für Deine Sorgfalt und Deinen Einsatz, welche
schlussendlich zu diesem Resultat zu einem aus meiner Sicht wunderschönen Narrenschiff
geführt hat.
- Nun möchte ich Anne Rose Fischer als Hausherrin symbolisch offiziell den Schlüssel für die
Steinentorstrasse 11 übergeben und somit das Narrenschiff offiziell eröffnen . . .
-
- Ich gebe das Wort weiter an den Baselbieter Erziehungs- und Kulturdirektor, Regierungsrat
Urs Wüthrich, aus dessen Hand wir ja vor knapp zwei Jahren den Kulturpreis des Kantons
Baselland entgegennehmen durften, als Anerkennung für unsere langjährige kontinuierliche
Arbeit im Dienste der Kultur. Vielen Dank Urs, dass Du heute den Weg zu uns gefunden hast.

*) Das Narrenschiff ( Daß Narrenschyff ad Narragoniam) des Sebastian Brant (1457–1521), 1494 gedruckt von Johann Bergmann von Olpe in Basel, wurde das erfolgreichste deutschsprachige Buch vor der Reformation. Es handelt sich um eine spätmittelalterliche Moralsatire, die eine Typologie von über 100 Narren auf einem Schiff mit Kurs gen Narragonien entwirft und so der verkehrten Welt durch eine unterhaltsame Schilderung ihrer Laster kritisch den Spiegel vorhält. Das Werk wurde 1497 ins Lateinische übersetzt und durch Weiterübersetzungen in verschiedene Landessprachen in ganz Europa verbreitet.
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