Pompeji. Die Stunden des Untergangs 24. August 79 n. Chr

W+B Agentur-Presseaussendung Dezember 2004 <<Zur Inhärenz von Ornament, Bildender Kunst, Architektur Un(d)Sterblichkeit>> Das Innewohnen der Bildwelt im Ornament und Das kultivierte Ahnen des UngeheuerlichenBuch- und Ereignisbesprechung <<Pompeji. Die Stunden des Untergangs 24. August 79 n. Chr.>> Herausgeber, Konzeption: Pier Giovanni Guzzo; Gesamtleitung:  Alfried Wieczorek; Wissenschaftliches Komitee: M. Borriello, A.d’Ambrosio, St. De Caro;T. Giove, P.G. Guzzo, M. Mastroroberto, F. Zevi; Paläobotanik: A. Ciarallo; Vulkanologie: G. Oesi, W. Rosendahl; Wissenschaftliche Redaktion (D): Luisa Reiblich, Saskia Schäfer; Ausstellungsgestaltung: Alfried Wieczorek, Fiedrich Wilhelm von Hase, Luisa Reiblich, Claudia Braun; Medien & Marketing: Hans-Jürgen Buderer, Susanne Rockweiler, birgit.soellner@goldmannpr.de  , judith.boerschinger@mannheim.de Ausstellung: rem / Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim

Bis 17. April 2005 ( danach: Kanada und USA) Katalog-Buch: 208 S.; 170 farbige Abbildungen; Museumsausgabe-Softcover;  22,- ; Hardcover 34,90 Konrad Theiss Verlag, Electa 2004 / www.theiss.de  

Die grosso mode ausserordentlich gelungene Ausstellungsgestaltung zeigt eine Kultur des seismografischen Ahnens in der bildenden Kunst vor den Stunden des Untergangs vom 24. August 79 n.Chr.  Der Besuch insbesondere, zusammen mit dem Katalog-Buch  bietet eine tiefgreifende Möglichkeit sich des unabänderlich vorgesehenen Sterbens mehrdimensional bewusst zu werden. Lediglich die endlosen Fliesstexte - ohne Hervorhebung wesentlicher Satzinhalte oder Jahreszahlen: z. B. fett oder in der Schriftgrösse – sind in  ihrer monotonen Gestaltung lese  -ermüdend.

Abseits der unvermeidlichen Förderung der Besucherquote mithilfe des Gaffersyndroms bei der Veröffentlichung eines katastrophalen Ereignisses, sei es noch so lange her wie hier bei diesem, wollen wir im Gegenzug aus phänomenologischer Sicht auf das Innewohnen, die Inhärenz  von Rahmenhandlung/Ornament , Bildwelt/Malerei-Architektur zur Thematik von Un(d)Sterblichkeit hier näher eingehen. Dank dem Diskurs vor Ort mit  zeitgenössischen Maler Heribert Heere www.heere.de ist das   zwiespältige Verhältnis in den letzten hundert Jahren nach Adolf Loos, Bauhaus I (D)und II (USA) bei der Vernichtung des Ornaments und operativen Ausgrenzung bei diesem höchst anschaulichen Rundgang noch krasser zu Tage getreten. Dabei  zeigt sich eine Kultur des seismografischen Ahnens in der bildenden Kunst vor den Stunden des Untergangs vom 24. August 79 n.Chr. und deren Innewohnende Bildkunst in einem determiniert – ja existenzialistisch (nach Sarautte, Sartre..) - wirkenden ornamentalen bis architektonischen Rahmen. Die Kurzformel dazu lautet Ornament : Bildwelt - Im Wechselschritt.

Wagen wir den Rundgang, so erleben wir phänomenologisch bei unserer Blickwanderung verschiedene Sequenzen: 1 Ornament mit Spirale : Kreisring =  Im Eisenoxyd-orangefarbenen- Hintergrund schlängelt sich ein Band spiralig in im grösser werden Volten, dem Vital-Pflanzlichen entgegen. Parallel dazu kreist ein Ring in sich selbst, als Ausdruck des Da Seienden, Bleibenden. Spannung entsteht zwischen bewegendem Verweil und der exzentrischen Ausdehnung in eine vom hintergründig platonischen Höhlengleichnis bestimmten Welt…

2 Bandornament, maritim , mit Spitzbogen M(ann) : Rundbogen W(eib) =  Erdige Wesen sitzend und monumental vor olivgrünem und auf feurig rotem Untergrund verweilend – ja gefesselt wirkend mit maritim wirkendem Bogen, die vor ihnen die minoische Kultur grossartig bereits vorgetragen hat – die Meeresfauna – Kraken mit ihren Fangarmen…

3 Bandornament, geometrisch : Flugtier = Gleich einem im Bernstein eingeschlossenen Fossil – ein museal vorgetragenes Flugtier mit Habt’acht-Position, instinktstarr wirkend…

4 Bandornament, geometrisch : Landtier = Geduckt schreitet es Huf vor Huf setzend voran, Weiss vor Umbra…..

5 Ornament, als Basis für Bergtier  = Aufsässig, zum Sprung bereit, gleicht es den höllenfeuerfarbenen Teufelsdarstellungen des Mittelalters bis zu Hieronymus Bosch….

6 Ornamentale Umrahmung, architektonisch : Stilleben = Allen Objekten kommt eine surreale Position zu und ähnelt den Nebenszenen der italienischen Freskenmalerei des Quatrocento …

7 Diskurs zu zweit =  Mit aufgerichteten Fersen, labil im Eigenen, lehnen, schmiegen sich stehend zwei Menschen so aneinander, dass der Abstand sich keilförmig nach oben immer näher kommt und so die Berührung und der Wortlaut  mit einer flüsternde Zärtlichkeit für den Betrachter aus der Entfernung unhörbar wirkt.. wenn da nicht ein Text darüber offiziell wirkt…

8 Diskurs zu dritt =  wobei zwei Männer im Sitzen und eine Frau im Stehen als Vortragende auftritt….

9 Familiäres Portrait zu dritt = Mann mit Frau und Kind in ihrer Mitte…

9-1 Portrait zu dritt =  bei dem ihre Blicke, wie so oft auf die Seite gerichtet sind, was den Eindruck des Bewegten und der Ungewissheit vor Kommenden, nach dem linken Blickfeld gerichtet, deutlich macht…

9-2 Bandornament: Mythisches Portrait = Gorgo / Medusa - Alles wandelt sich beim  Anblick dieses Ungeheuers mit Schlangenhaaren  zu Stein… Das Mosaik zeigt den innersten Burggrundriss mit 4 quadratischen Ecktürmen, und im Burgkern einen Kreisrahmen mit einer schlangenumrankten Fratze, die einen unmittelbaren Schrecken vermittelt, mit schräg nach links gerichteten Blick. Dieser Blick taucht übrigens symptomatisch öfters auf, zeigt eine vom Inneren (der/s Erde-Menschen) ausbrechende Unruhe…

Stellen wir uns dieses Mosaik mit seinem Grundriss als eine Burganlage im erweiterten Sinn vor so sehen wir – nicht wie im Labyrinth mit einem Ein- und Ausgang, keinen. Wer immer da verweilt, hat keine Chance zu entkommen. Ja und wer von aussen her kommt kann keine Hilfe bringen. Die mehrfach umgrenzenden Burgmauern zeigen die typischen römischen Planungsmerkmale von vallo-fossaque / Mauer mit Graben…

Diese Schreckensbotschaft  von der Unentrinnbarkeit wie Metamorphose des Menschen in Asche und schliesslich den archäologischen Schutt der Jahrtausende mündet nun in das  museal promo- wie  pervertierte Gaffersyndrom der meisten –beim Anblick der Abgrüsse der  in der Lava und im Aschenregen Sterbenden. Wenige nur spüren bewusst die eigene unverdrängte Bereithaltung für die eigene Todesstunde, die in dieser Ahnenden Kultur 9-3 Bandornament, pflanzlich : Fläche =  Immer wieder tritt der terrestrische Charakter, auch in der Rahmengestaltung, deutlich hervor.

9-4  Grafik des Vesuv –Ausbruches = Unsere seit nun 2000 Jahren angehäufte wissensgeballte Blickweise bietet geologisch-grafische Vergleiche in kinemategrafisch wirkenden Darstellungen, die sich der künstlerisch vorgetragenen pompejanischen Ausdruckskunst als Folie reflexiv nähert.

9-5  Pompejianische Menschengruppe = Im Rückblick sehen wir eine Menschengruppe – durch das Ereignis und den Abstand von 2 Jahrtausenden sinnbildhaft - verstärkt noch durch das Gaffersyndrom –  in Auflösung