Wie Demenzerkrankte in der Langzeitpflege besser sozial integriert werden

Gesundheit Aktuell > Gesundheitswesen - Topoi A-Z ->A
Ausgrenzung entgegenwirken
gs-dggeriatrie22-8ausgrenzung

Das Leben in einer Langzeitpflegeeinrichtung kann demenzerkrankte ältere Menschen vor große
Herausforderungen stellen: Ihr Alltag wird reglementiert und kontrolliert durch Fachpersonal. Oft können sie
nicht mehr an wichtigen Aktivitäten innerhalb und außerhalb ihrer Einrichtung teilnehmen. Dadurch
erfahren sie soziale Ausgrenzung auf vielfältige Weise – in den vergangenen Jahren sogar verstärkt durch
die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Der Psychologe Professor Feliciano Villar (Foto) von der
Universität Barcelona setzt sich mit seiner Forschungsarbeit dafür ein, die Teilhabe dieser Menschen am
sozialen und gesellschaftlichen Leben zu verbessern. „Wir müssen unsere Erwartungen an die Art der
Pflege, die wir hier für akzeptabel halten, überdenken. Nur so können wir die Situation auch positiv
ändern“, sagt er. Mit welchen konkreten Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen das gelingen kann,
präsentiert Villar in seiner Keynote-Lecture beim gemeinsamen Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft
für Geriatrie (DGG) und der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG), der vom 12.
bis 15. September in Frankfurt am Main stattfindet.
Villar unterscheidet drei Ebenen, in denen die Aktivitäten von Demenzerkrankten in der Langzeitpflege
verbessert, beziehungsweise gefördert werden könnten: Selfcare, Teilhabe und Entscheidungsfindung bei
Aktivitäten innerhalb der Einrichtung sowie Bürgerbeteiligung in der Gemeinschaft. „Demenzerkrankte
sollen in die Lage versetzt werden können, mehr Kontrolle über Aktivitäten zu haben, die ihre Selbstpflege
betreffen“, unterstreicht der Psychologe. Dafür wird er unter anderem ein positives Beispiel aus seiner
Forschung anführen, bei dem Menschen mit Demenz bei ärztlichen Gesprächen über ihre weitere
Behandlung mit involviert wurden. „Das hat auch enorme Auswirkungen auf die Sichtweise des Personals“,
ergänzt er. Auch bei der Teilhabe an Aktivitäten in den Pflegeeinrichtungen sieht Professor Villar Potenzial.
So könnten betroffene Bewohner oder Bewohnerinnen zum Beispiel mehr bei der Gestaltung von
Veranstaltungen wie Konzerten involviert werden, indem auch ihre Präferenzen und Wünsche
mitberücksichtigt werden.
Warum Demenzerkrankte auch mehr Bürgerrechte wahrnehmen sollten
„Pflegebedürftigen mit Demenz sollten die gleichen Bürgerrechte zugestanden werden, zum Beispiel sollten
sie ihr Recht zu wählen wahrnehmen können“, sagt Villar. Auch die Mitgliedschaft in Organisationen oder
Verbänden außerhalb der Pflegeeinrichtung sollte gefördert werden, um individuellen Interessen nachgehen
zu können. „Diese dritte Ebene der bürgerlichen Teilhabe ist sicherlich am schwierigsten umzusetzen. Ich
glaube aber, dass Verbesserungen auf den ersten beiden Ebenen der Teilhabe auch den Weg dorthin
vereinfachen, weil die Betroffenen dadurch selbstständiger und selbstbewusster werden, um auch außerhalb
ihrer Einrichtung aktiv zu werden.“ Um diese Maßnahmen umzusetzen, bedarf es natürlich auch
struktureller Veränderungen: zum Beispiel kleinere Langzeitpflegeeinrichtungen, die eine
personenzentriertere Pflege unterstützen.

Zur Person:
Professor Feliciano Villar ist Psychologe an der Universität Barcelona. Seine Forschungs- und Lehrtätigkeit
konzentriert sich seit vielen Jahren auf die Psychologie des Alterns. Insbesondere befasst er sich mit den
Themen Generativität, Teilhabe und soziale Eingliederung älterer Menschen sowie mit den Bereichen
personenzentrierte Pflege, Rechte und Humanisierung der Pflege für ältere Menschen, insbesondere für
diejenigen, die von sozialer Ausgrenzung bedroht sind. Villar ist Generalkoordinator des interuniversitären
Masterstudiengangs Psychogerontologie, der gleichzeitig an den Universitäten von Barcelona, Valencia,
Santiago de Compostela und Salamanca angeboten wird. Er ist Mitglied der Spanish Society of Geriatrics
and Gerontology.
Termin:
Prof. Feliciano Villar
Keynote-Lecture: Social inclusion and citizenship of people with dementia living in institutions
Gerontologie- und Geriatrie-Kongress
Hörsaal 3, Westend-Campus, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Mittwoch, 14. September 2022
14:45 bis 15:30 Uhr

Pressekontakt der DGG
Torben Brinkema
medXmedia Consulting KG
Nymphenburger Str. 19
80335 München
Tel: +49 (0)89 / 230 69 60 49
mailto:presse@dggeriatrie.de

Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) ist die wissenschaftliche Fachgesellschaft der Ärzte, die sich
auf die Medizin der späten Lebensphase spezialisiert haben. Sie wurde 1985 gegründet und hat
augenblicklich rund 1.800 Mitglieder.
Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im
Sinne der Gemeinnützigkeitsverordnung vom 24.12.1953 und ist damit ein nicht-wirtschaftlicher Verein
gemäß § 21 ff BGB.
Herausgeber:
Deutsche Gesellschaft für Geriatrie e.V., Kunibertskloster 11–13, 50668 Köln
Vertreten durch den Präsident der DGG:
Prof. Dr. med. Rainer Wirth, Marien Hospital Herne, Hölkeskampring 40, 44625 Herne
http://www.dggeriatrie.de
****