Autoimmune Lebererkrankungen: Wenn der eigene Körper zum Feind wird

 
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Hannover, Gießen, Köln - Die Leber ist das größte Organ im Körper des Menschen mit vielfältigen Aufgaben. Sie ist das zentrale Entgiftungs- und Stoffwechselorgan und produziert außerdem Verdauungssäfte. Das Kraftwerk Leber erfüllt lebenswichtige Funktionen, die bislang von keiner medizinischen Apparatur über einen längeren Zeitraum übernommen werden können. Auch Erkrankungen der Leber können aufgrund ihrer Vielfältigkeit viele verschiedene Ursachen haben. Einige Lebererkrankungen entstehen durch eine Fehlsteuerung des eigenen Immunsystems. Diese autoimmunen Lebererkrankungen werden – ebenso wie andere Lebererkrankungen – häufig erst mit Verzögerung erkannt und behandelt. Auf aktuelle Diagnose- und Therapieoptionen weisen im Vorfeld des 20. Deutschen Lebertages am 20. November 2019 unter dem Motto: „Jeder Tag ist Leber-Tag“ die Ausrichter Gastro-Liga e. V., Deutsche Leberstiftung und Deutsche Leberhilfe e. V. hin.
„Autoimmune Lebererkrankungen wie Autoimmunhepatitis (AIH), Primär Biliäre Cholangitis (PBC) und Primär Sklerosierende Cholangitis (PSC) sind noch immer eine diagnostische und therapeutische Herausforderung“, sagt Professor Dr. Michael P. Manns, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberstiftung, und führt weiter aus: „Häufig verursachen autoimmune Lebererkrankungen über einen langen Zeitraum keine oder nur sehr unspezifische Symptome wie beispielsweise Müdigkeit oder Juckreiz – und werden deshalb oftmals erst spät erkannt. Dieses späte Erkennen der Erkrankungen in einem bereits fortgeschrittenen Stadium ist für Therapie und Verlauf ungünstig.“
Autoimmunhepatitis (AIH)
Bei der AIH entsteht aufgrund eines immunologischen Toleranzverlustes gegenüber den Leberzellen eine chronische Leberentzündung (Hepatitis): Die eigenen Leberzellen werden vom Immunsystem als „körperfremd“ identifiziert. Die Symptome dieser seltenen Lebererkrankung, die in jedem Alter – auch bereits bei Kindern – auftreten kann, sind so unspezifisch wie bei anderen Leberentzündungen. Frauen erkranken wesentlich häufiger als Männer. Die chronische Leberentzündung kann zu einer Gewebeveränderung (Fibrose) führen, die unbehandelt in einer Leberzirrhose endet. Die Aktivität der AIH kann der Arzt anhand erhöhter Transaminasen feststellen, die bei einem akuten entzündlichen Schub Spitzenwerte erreichen können. Therapiert wird die AIH in der Regel durch eine Regulierung des Immunsystems mit Medikamenten (Immunsuppressiva). Durch die Medikamente kann die AIH in vielen Fällen dauerhaft unterdrückt und Patienten eine normale Lebenserwartung ermöglicht werden. Wenn die Erkrankung trotz konsequenter Therapie in eine Leberzirrhose übergeht, ist eine Lebertransplantation die einzige Option. Aktuelle Daten belegen, dass eine der AIH ähnliche, immunvermittelte Hepatitis als Nebenwirkung im Rahmen einer Krebstherapie mit neuen Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) auftreten kann.
Primär Biliäre Cholangitis (PBC)
Bei der PBC verursacht eine gestörte Aktivität des Immunsystems eine Entzündung der Gallengänge in der Leber. Die Krankheit, die vor allem bei Frauen mittleren Alters auftritt, kann – wie auch andere Autoimmunkrankheiten – bislang noch nicht mit einer Therapie geheilt werden. Diagnostiziert wird die PBC durch Blutuntersuchungen, unter anderem auch über die Leberwerte. Eine dauerhafte Therapie mit einer modifizierten Gallensäure (Ursodesoxycholsäure, UDCA), die eine Art „Schutzfilm“ entlang der Gallenwege bildet, ist häufig erfolgreich, wenn diese rechtzeitig begonnen wird. Wenn diese Therapie allein nicht anspricht, kann UDCA auch mit Obeticholsäure kombiniert werden. Aktuell werden für die PBC weitere Kombinationstherapien mit Fibraten und anderen neuen Substanzen untersucht.
Eine Lebertransplantation kann notwendig werden, wenn die therapeutischen Maßnahmen den Krankheitsverlauf nicht mehr aufhalten. Aktuelle Studienergebnisse belegen für PBC-Patienten ein um mehr als das 31-fache erhöhtes Risiko für Leberzellkrebs.
Primär Sklerosierende Cholangitis (PSC)
Die PSC ist eine Entzündung der Gallenwege, die häufig zusammen mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung vorkommt. Unbehandelt kann die PSC in eine Leberzirrhose übergehen. Auch das Risiko, ein Gallengangskarzinom zu entwickeln, ist bei Patienten mit PSC erhöht. Im Gegensatz zu den anderen Formen autoimmuner Lebererkrankungen sind von der PSC häufiger Männer als Frauen betroffen. Eine PSC ist häufig sehr schwer zu diagnostizieren. Kein Bluttest kann die Erkrankung sicher nachweisen. Auch eine Untersuchung des Lebergewebes liefert häufig keine zuverlässigen Ergebnisse. Oftmals kann eine PSC nur mit einer speziellen Kernspintomographie, der Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP) oder direkt über eine endoskopische Darstellung der Gallenwege entdeckt werden. Therapiert wird – wie auch bei der Primär Biliären Cholangitis – mit der natürlichen Gallensäure Ursodesoxycholsäure (UDCA). Im Gegensatz zur Primär Biliären Cholangitis ist der Therapie-Nutzen bei der PSC nicht so gut nachgewiesen. Unter bestimmten Umständen ist eine Lebertransplantation die einzige Therapieoption.
Diagnose, Therapie und Kontrolle der PSC erfordern medizinische Spezial-Kenntnisse, die nur in darauf spezialisierten Einrichtungen gewährleistet sind.
„Die therapeutischen Optionen bei autoimmunen Lebererkrankungen sind aktuell einem raschen Wandel unterworfen. Neue medikamentöse Therapien wurden zugelassen oder befinden sich in klinischer Prüfung. 2017 wurde die erste deutschsprachige Leitlinie zu autoimmunen Lebererkrankungen herausgegeben, die unter anderem Diagnostik und Therapie ausführlich thematisiert. In den Kommentaren der Leitlinie werden neue Therapiestrategien diskutiert, die erst nach Abschluss des Konsentierungsprozesses zugelassen wurden“, erklärt Professor Manns.
Mit dem Motto „Jeder Tag ist Leber-Tag“ rufen die Ausrichter des Deutschen Lebertages am 20. November 2019 Ärzte und Patienten dazu auf, jede fortbestehende Leberwerterhöhung als Anlass zu weiterer Diagnostik zu nehmen und dabei auch seltene autoimmune Lebererkrankungen einzubeziehen.
Mehr Infos zum 20. Deutschen Lebertag unter: www.lebertag.org
Alle Institutionen, die im Rahmen des Deutschen Lebertages mit einer lokalen Veranstaltung aufklären und informieren möchten, werden von den Ausrichtern bei der Pressearbeit und mit Veranstaltungsmaterialien unterstützt. Informationen, Anmeldungen und Downloads unter www.lebertag.org

Die Ausrichter des Deutschen Lebertages am 20. November 2019:

Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Krankheiten von Magen, Darm und Leber sowie von Störungen des Stoffwechsels und der Ernährung (Gastro-Liga) e. V.
Prof. Dr. Peter R. Galle, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats
Friedrich-List-Straße 13, 35398 Gießen
Tel 0641 – 97 48 10
mailto:geschaeftsstelle@gastro-liga.de
http://www.gastro-liga.de

Deutsche Leberhilfe e. V.
Prof. Dr. Christoph Sarrazin, Vorstandsvorsitzender
Krieler Straße 100, 50935 Köln
Tel 0221 – 28 29 980
mailto:info@leberhilfe.org
http://www.leberhilfe.org


Kontakt:
Deutsche Leberstiftung
(für die Ausrichter des Deutschen Lebertages)
Bianka Wiebner
Carl-Neuberg-Straße 1
30625 Hannover
Tel 0511 – 532 6815
Fax 0511 – 532 6820
mailto:presse@deutsche-leberstiftung.de 
http://www.deutsche-leberstiftung.de
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