Caspar Wolf . Ölbilder, Zeichnungen und Druckgrafik

Über-/Zeitgefährte
C. Wolf: Grafik & Malerei
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Online-Publikation: Dezember 2014 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Caspar Wolf . Ölbilder, Zeichnungen und Druckgrafik >>
Ausstellung: Kunstmuseum Basel 19.10.2014–1.2.2015
Katalog: 224 Seiten, 180 Abb.,  22 x 26 cm; gebunden
Kunstmuseum Basel, http://www.kunstmuseumbasel.ch; Verlag Hatje Cantz, Ostfildern, http://www.hatjecantz.de

Fazit vorangestellt:
Der Blick Caspar Wolf's ist sowohl wissenschaftsgetränkt als panaromaTisch (3). Dieser Blick gleicht einerseits dem eines Geodäten / Wissenschaftszeichners, der auf seinem aufgeklappten PlanTisch, die Höhen, Tiefen und Weite umfasst, andererseits ist es der eines Malers, der wie im shan shui** seine Blickprojektion zur Landschaftswelt nicht nur aus der Mitte des Kopfes seiner Augenpaare anvisiert (zentral, - fluchtperspektivisch ), sondern auch aus seinen geistigen, transzendierenden Augen aus dem Aughintergrund, ausbreitet  'panoramatisch' (peripher, wobei dem Rand, der Bildmitte und den einzelnen Objekten/Staffagen (z.B., Blitz, als ein kompositorisches Merkmal, deus machina) im ganzen jedoch eine gleichrangige, eine ungewollt vordemokratische Note zukommt (der Vor-Aufklärung ähnelnd). Die  Bilder-Sequenzen, ihre thematische Gliederung und bildlogische Begriffsanordnung und -folge ist dank dem Kuratorinnenteam Anita Haldemann und Karoline Schliemann in hervorragender Weise und zugleich erkenntnisbereichernd gelungen. m+w.p14-12

0) panaromatisch,   ein treffender Begriff, der von Anita Haldemann und Karoline Schliemann geprägt wurde
1)  panaromaTisch (eine synästhetische Begriffsformulierung von, w.p.(0)
2) shan shui
Shan shui (Chinese: lit. "mountain-water") refers to a style of Chinese painting that involves or depicts scenery or natural landscapes, using a brush and ink rather than more conventional paints. Mountains, rivers and often waterfalls are prominent in this art form.
http://en.wikipedia.org/wiki/Shan_shui
(3) panaromaTischhttp://www.kultur-punkt.ch/prankl-mw-leben-werk.html

Katalog Inhalt
Kuratorinnen: Anita Haldemann und Karoline Schliemann
Autoren:  Bodo Brinkmann, Katharina Georgi, Andreas Beyer, Viktoria van der Brüggen, Gilles Monney, Regula Suter-Raeber
Die Alpen als grandioses Naturspektakel – diese Sicht ist erstaunlich neu. Erst im 18. Jahrhundert begann man, schroffe Gebirgszüge als »erhaben« und ästhe­tisch zu empfinden. Der Schweizer Landschaftsmaler Caspar Wolf (1735–1783) war einer der ersten, der sich auf ausgedehnten Streifzügen die noch weitgehend unerschlossene Alpenwelt als künstlerisches Sujet er­oberte. Der in Süddeutschland und Paris ausgebildete Wolf wurde mit einer umfassenden Bilderserie über die Schweizer Alpen beauftragt, die er in den Jahren von 1773 bis 1779 umsetzte. Im Atelier komponierte der Künstler aus direkt vor Ort entstandenen Natur­studien rund 180 imposante Gemälde. Die Publikation zeigt, wie er dabei das Gesehene nach ästhetischen Kriterien umformte: In den furiosen Bildschöpfungen versperren riesige Felsbrocken, tosende Wildbäche und Gletscher den Weg, oder aber gewaltige Panora­men tun sich auf, vor denen der staunende Mensch als winzige Figur erscheint.

Ausstellung:
Inhaltsfolge
I  Zeichnungen und Druckgrafik
II Dokumentarische zugleich transzendierende Malerei

Inhalt
I
Zeichnungen und Druckgrafik
bildeten für Maler wie Caspar Wolf (1735–1783) die unabdingbare Grundlage des künstlerischen Prozesses. Sie hatten unterschiedliche Funktionen, so hat Wolf Naturstudien ausgeführt, sei dies von einzelnen Felsen und Bäumen, Höhlen oder ganze Panoramaansichten. Auch den in der Natur ausgeführten Ölstudien lagen meist mit Bleistift festgehaltene Beobachtungen zu Grunde. Deshalb ist der Zeichner als Staffagefigur ein Stammgast in seinen Landschaften. Wolf hat aber auch auf Papier gearbeitet, um Kompositionen für Gemälde anzulegen, die er mit Hilfe von Rastern auf die Leinwand übertrug. Er fertigte auch autonome Zeichnungen, die stimmungsvolle Naturansichten wiedergeben und manchmal auf eigenen Gemälden basieren.
Caspar Wolfs ungefähr 200 Ölbilder, die er nach Exkursionen mit dem Berner Verleger Abraham Wagner und dem Theologen Jakob Samuel Wyttenbach in die Schweizer Alpen ausgeführt hatte, bildeten die Vorlagen für mehrere Stichfolgen. Diese teils kolorierten Umrissradierungen und Farbaquatinten sind in Zusammenarbeit mit Wagner in mehreren Ausgaben mit deutschen und französischen Begleittexten herausgegeben worden und erfreuten sich grosser Beliebtheit.
Kuratorinnen:
Anita Haldemann und Karoline Schliemann
Saaltexte
http://www.kunstmuseumbasel.ch/fileadmin/user_upload/2014/wolf/KMB_CasparWolf_Saaltext_Grafikkabinett.pdf

II
Dokumentarisch-zugleich-transzendierende Malerei
Caspar Wolf und die ästhetische Eroberung der Natur
Die Alpen als grandioses Naturspektakel – diese Sicht ist erstaunlich neu. Erst im Laufe des 18. Jahrhunderts begann man, schroffe Gebirgszüge als „erhaben“ und ästhetisch reizvoll zu empfinden. Der Schweizer Landschaftsmaler Caspar Wolf (1735–1783) war einer der ersten, der auf ausgedehnten Streifzügen die noch weitgehend unerschlossene Alpenwelt als künstlerisches Sujet eroberte. Riesige Felsbrocken, tosende Wildbäche und bizarre Gletscherformationen versperren in seinen furiosen Bildschöpfungen den Weg. Gewaltige Panoramen tun sich auf, vor denen der staunende Mensch als winzige Figur erscheint. Mit seinen radikalen Formulierungen weit jenseits barocker Idylle ist Wolf einer der bedeutendsten Vorläufer der europäischen Romantik. Gleichzeitig ist in seinen Werken der Geist der Aufklärung spürbar. Die Ausstellung umfasst 126 Werke von Caspar Wolf und seinen Zeitgenossen sowie eine Auswahl von aktuellen Fotos der Entstehungsorte in den Alpen. Parallel zur Ausstellung präsentiert das Kupferstichkabinett des Kunstmuseums Basel Höhepunkte aus seinem reichen Bestand an Zeichnungen und Grafik von Caspar Wolf.
Es ist nicht zuletzt einem historischen Glücksfall zu verdanken, dass Caspar Wolf, Sohn eines verarmten Tischlers und zunächst ein mässig erfolgreicher Maler aus Muri zu jener Figur wurde, als die er in die europäische Kunstgeschichte eingehen sollte: als wichtigster Pionier der Hochgebirgsmalerei und als einer der bedeutendsten Vorläufer der europäischen Romantik.
Mit dem Glücksfall gemeint ist die Begegnung Caspar Wolfs mit dem einflussreichen Berner Verleger Abraham Wagner (1734–1782). Der um ein Jahr ältere Wagner hatte ein ehrgeiziges Projekt: Die Herausgabe einer Publikation über die Alpenlandschaft der Schweiz von enzyklopädischem Anspruch mit Illustrationen von ausgesuchter künstlerischer Qualität, die zudem auf der unmittelbaren Naturanschauung beruhen sollten. Die Motive, die Wagner hierfür vorschwebten, lagen in den bislang kaum betretenen und nur schwer erreichbaren Hochgebirgsregionen. Dem Betrachter sollte eine neue Vision der Bergwelt von bis dahin nicht gekannter Präzision und Eindrücklichkeit geboten werden. Als Autor für den Textteil seiner Publikation engagierte der Verleger den Berner Pfarrer und namhaften Naturforscher Jacob Samuel Wyttenbach. Wolf sollte die beiden Männer auf ausgedehnten Wanderungen durch das Hochgebirge begleiten und die einmaligen Naturerlebnisse bildlich auswerten und vermitteln.
In den Jahren von 1773 bis 1779 entstand so eine umfassende Bilderserie über die Schweizer Alpen. Im Atelier komponierte Wolf aus direkt vor Ort angefertigten Naturstudien an die 200 imposante Gemälde, die spontane Beobachtung mit höchst kunstvoller Formgebung vereinen. Wolf findet bestechende malerische Formulierungen für Bergketten und Gletscher, Wasserfälle und Höhlen, Brücken und reissende Ströme, Seen und Hochplateaus, die er mal in weiten Panoramen, mal in klaustrophobisch zugesperrten Kompositionen vorstellt. Viele prominente Naturdenkmäler sind darunter, von denen einige infolge der Umweltzerstörung der letzten Jahrhunderte nicht mehr existieren: die berühmten «séracs» (Eisnadeln) des Unteren Grindelwaldgletschers beispielsweise, die sich in zwei besonders eindrucksvollen Ansichten von Wolfs Hand bestaunen lassen, sind längst geschmolzen.
Wolfs Bilder lassen sich weder der in seiner Zeit populären Vedutenmalerei zuordnen, noch handelt es sich um Darstellungen mit explizit dokumentarischem Anspruch. Sie berühren vielmehr Prinzipielles: Letztlich thematisieren sie das Verhältnis der sinnlichen Wahrnehmung der Berge zu einem Begriff von Berg.
Woher aber rührt die bemerkenswerte ästhetische Sicherheit, mit welcher der Künstler bei dem Alpen-Projekt Neuland betritt?
Als entscheidend stellt sich Wolfs intensive Auseinandersetzung mit französischer Kunst während eines Paris-aufenthalts 1770/71 heraus. Dies zeigt die Ausstellung anschaulich mit Werken von François Boucher, Claude-Joseph Vernet, Philippe-Jacques de Loutherbourg d. J. und Hubert Robert. Besonders profitiert Wolf dabei erstaunlicherweise von der zeitgenössischen Marinemalerei mit ihren dramatischen Seestürmen und Schiffbrüchen.
Die Ausstellung umfasst 126 Werke von Caspar Wolf und seinen Zeitgenossen sowie eine Auswahl von aktuellen Fotos der Entstehungsorte in den Alpen.
Parallel zur Ausstellung präsentiert das Kupferstichkabinett Höhepunkte aus seinem reichen Bestand an Zeichnungen und Grafik von Caspar Wolf.
Die Ausstellung wird unterstützt durch:
- Peter und Simone Forcart-Staehelin
- L. + Th. La Roche-Stiftung
- Stiftung für das Kunstmuseum Basel

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