Nomade im Speck: Von Droste Wiglaf, Bild & Nikolaus: Heidelbach, Text

Galerie Über-/Zeitgefährten  Topoi >Karikatur, Tragikkomödie
Nomade im Speck
-gg-tiamat16-6nomade-speck

Online-Publikation: Juni 2016 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<<  >>
Critica Diabolis 235: 192 Seiten, Klappenbroschur, 4-farb-Druck: ISBN: 978-3-89320-208-9; 18.- Euro
Edition Tiamat / Verlag Klaus Bittermann, Berlin; http://www.edition-tiamat.de;

Charakteristika
Burlesk* & Magisch-Parodisch
*) Die Burleske (von ital. burla, Scherz, Spaß, burlesco, allemanisch Buur scherzhaft) ist im Theater eine derbe Komödie (ähnlich dem Schwank), in der Literatur auch ein grob komischer Roman und in der Musik ein heiteres Instrumentalstück 
https://de.wikipedia.org/wiki/Burleske
 
Inhalt
Herrlich sei das Reisen, sagt der Nichtsesshafte, man lege sich als glühendes Eisen in die Herdfeuer der Sesshaften. Gerade weil er keiner von ihnen ist, mag der Reisende Sesshafte gern, und sie mögen ihn aus demselben Grunde auch. Die Sesshaften ziehen Kinder groß, wissen alles über Masern, Mumps und Meerschweinchen, und wann immer man sie besucht, sind sie viel zu k.o., um unglücklich zu sein. Meiden muss der Reisende Einliegewohner, also solche, die ihr Leben aus Trägheit in Sesshaft verbringen, viel lieber anderswo wären, sich aber nicht aufraffen können und dann den Reisenden unfroh, neidisch nörgelnd und schweinchenschlauhaft anäugeln und fragen: Wovor läufst du eigentlich weg? Dann lächelt der Reisende und sagt freundlich: Vor Besorgtheitsheuchlern wie dir selbstverständlich. Lieber Vagabund als moribund mit Kummerbund. Und dann ist er auch schon wieder weg, auf dem Weg als Nomade im Speck.
 
Das Fazit vorangestellt
Beim Aufblättern von "Nomade im Speck" in der ersten Begegnung mit Droste Wiglaf, Bild & Nikolaus: Heidelbach, Text fällt einem blitzartig das Burlesk-* & Magisch-Parodische mitten ins Gesicht, wobei sich dieses zu einem ent- besser ver-rückten Lächeln bequemt. Ähnlich wie im Sturm von Shakespeares Caliban**s Treff mit Prospero.
Wahlverwandt sind jedoch beide auch mit Harry Rowohlt, der sich selbst einen Teilzeit-Nomaden nannte als Lesereisender.
Den Kern der narrativ-burlesken Botschaft umhüllen die Bildfolgen, als wenn sie unsere Wirklichkeit erheitern wollten – indem sie sich selbst gratis unsichtbar dazugesellen - in der sich das Nomadische (das auf der aktuellen Flucht befindlich Fremde in uns, und um uns körperlich und digital - sowie in den A-sozialen Medien) in erträglicher Weise nähern darf. m+w.p16-6

*)   https://de.wikipedia.org/wiki/Burleske
**) https://de.wikipedia.org/wiki/Caliban_(Shakespeare)


Das Kreativ-Team
Magisch-parodischer Gestalter
Nikolaus Heidelbach, 1955 geboren, studierte Kunstgeschichte und Germanistik in Berlin und Köln. Lebt in Köln und ist einer der anerkanntesten und zugleich eigenwilligsten Zeichner und Illustratoren Deutschlands.
Zuletzt veröffentlicht: »Rosel von Melaten«, 2015.

Autor
Wiglaf Droste, 1961 in Herford/ Westfalen geboren, lebt in Leipzig oder unterwegs. Er schreibt eine tägliche Kolumne für die junge Welt und leiht seine Stimme auf Hörbüchern verehrten Schriftstellern wie Voltaire, Dashiell Hammett, Volker Kriegel, Peter Hacks, Kinky Friedman und James Krüss. Für seine harsche, polemische, liebevoll wortschöpferische und lyrische Sprache wurde Wiglaf Droste 2003 mit dem Ben Witter-Preis und 2005 mit dem Annette von Droste-Hülshoff-Preis ausgezeichnet. 2013 erhielt er den Peter-Hille-Literaturpreis.
 
Stimmen & Auszeichnungen
 Auftritte, Lesungen und Buchungsanfragen http://www.tomprodukt.de/wiglaf-droste

Wiglaf Droste erhält Nieheimer Schuhu 2013 / Der Peter-Hille-Literaturpreis wird am 13. September überreicht / Laudator ist der vorherige Preisträger Fritz Eckenga

 Der Autor und Sänger Wiglaf Droste ist der diesjährige Preisträger des „Nieheimer Schuhu. Peter-Hille-Literaturpreis“. Das gab die Peter-Hille-Gesellschaft bekannt. Wie die Jury herausstellt, zeichnet den 1961 in Herford geborenen Autor „eine höchst produktive Aversion gegen hohles Pathos, angemaßte Wichtigkeit und manierierte Rhetorik aus, die er provokativ-polemisch in seinen satirischen Essays, Gedichten und Songs geißelt.“ In der Begründung heißt es weiter, seine Polemik richte sich nicht vorrangig gegen Personen, bestimmte Parteien oder Institutionen, sondern allgemein gegen die empörende Diskrepanz von geschöntem Gerede und tatsächlichem Verhalten, die Extrovertiertheit der Medien und den Sprachverfall unserer Zeit. „Was ihn antreibt, ist die Restitution einer authentischen Wahrhaftigkeit“, so die Jury.

 Der durch Bücher, Zeitungs- und Radiokolumnen sowie zahlreiche CDs bundesweit bekannte Droste ist ein hellwacher, polemischer Satiriker, der sein nietzscheanisch anmutendes Lachen ausgießt über eine Zeit, in der Medienpräsenz und beruflicher Aufstieg am schnellsten über die Adaption einer normierten Rhetorik und geistigen Stromlinienförmigkeit zu erreichen sind.

 Droste hält dieser überhitzten, überdrehten, durchökonomisierten und eitlen Zeit seinen satirischen Spiegel vor, in der besten Tradition des satirischen Metiers, was ihm in der ‚Süddeutschen Zeitung’ die ehrenvolle Titulierung als „Tucholsky unserer Tage“ eintrug. „Er legt sich an, erntet mitunter empörten Widerspruch, doch davon unbeirrt kämpft er im Gegenzug für den verantwortungsvollen Umgang mit Sprache und für das Recht auf eine Individualität, die sich bürgerlichen Schemata und ideologischen Vereinnahmungen und Zumutungen widersetzt“, erklärte die Peter-Hille-Gesellschaft. Hierin sei er dem Ahnherrn des Preises, Peter Hille, ganz ähnlich, der einmal schrieb: „Der freie Geist ist sich eigene Norm.“

Zudem verbinde Droste mit Hille die Vorliebe für literarische Kurzformen, für Kurzgeschichte, Gedichte und Songs. „In seinen Texten erweist er sich als echter Sprachartist, der die tiefe und sensible Verbindung von Sprache und feinster emotionaler Regung meisterhaft ins Wort zu setzen versteht, kunstvoll sprachlich pointiert und stilistisch treffsicher formuliert. Seine Texte zeugen von hoher Musikalität und Rhythmik, auffällige Stilmerkmale sind Lautmalerei, Neologismen und Entlehnungen aus dem ostwestfälischen Idiom, das ihm nach eigenem Bekunden ‚Heimat’ ist: ‚Eine Sprache, in der Dölmer, Hachos und Tünsel durcheinander ramentern, wullacken und kalbern, ist Heimat genug.’“