Menschenwürde - Die Geschichte eines Begriffs - In Corona-Zeiten

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Corona - Würde . Vossenkuhl - Caspary
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Menschenwürde basiert auf der Gleichheit aller Menschen ohne Berücksichtigung von Leistung, Amt und Ansehen. Sie ist ein fundamentales Prinzip moderner Gesellschaften und spielt in nahezu allen Bereichen eine große Rolle: in der Politik, der Medizin, der Ethik, der Pädagogik, der Ökonomie. "Menschenwürde" bedeutet sowohl die Voraussetzung, Rechte zu besitzen, als auch die Verpflichtung, grundlegende Rechte anderer zu achten. Wie hat sich dieser Begriff entwickelt, wo liegen seine Ursprünge? Antworten gibt der Philosoph Professor Wilhelm Vossenkuhl.

Teil 1: Menschenwürde basiert auf der Gleichheit aller Menschen ohne Berücksichtigung von Leistung, Amt und Ansehen. Sie ist ein fundamentales Prinzip moderner Gesellschaften und spielt in nahezu allen Bereichen eine große Rolle: in der Politik, der Medizin, der Ethik, der Pädagogik, der Ökonomie. "Menschenwürde" bedeutet sowohl die Voraussetzung, Rechte zu besitzen, als auch die Verpflichtung, grundlegende Rechte anderer zu achten. Wie hat sich dieser Begriff entwickelt, wo liegen seine Ursprünge? Antworten gibt der Münchner Philosoph Professor Dr. Wilhelm Vossenkuhl. Sendung auf SWR 2
Teil 1 am Freitag, 25.12. 2020 um 8.30 Uhr.

Teil 2: Der Begriff der Menschenwürde ist komplex und oft schwer zu fassen. Bei der Debatte um Sterbehilfe ist von menschenwürdigem Sterben die Rede, die Forschung an embryonalen Stammzellen ist je nach Sichtweise ein Verstoß oder ein Gebot der Menschenwürde. Ein Gericht hat vor kurzem entschieden, dass es menschenunwürdig sei, Gefangene in einer Zelle ohne räumlich abgetrennte Sanitäranlagen unterzubringen. Was bedeutet Menschenwürde in den jeweiligen aktuellen gesellschaftlichen Kontexten? Antworten gibt der Philosoph Professor Wilhelm Vossenkuhl. Sendung auf SWR 2
Teil 2, Samstag, 26. Dezember, 8.30 Uhr
https://www.swr.de/swr2/wissen/menschenwuerde-was-bedeutet-dieser-begriff-heute-2-2-swr2-wissen-aula-2020-12-26-100.html

Autor
Wilhelm Vossenkuhl,
geboren 1945, studierte Philosophie, Neuere Geschichte und Politikwissenschaft in München. 1972 Promotion zum Dr. phil. an der Universität München;1980 Habilitation. Von 1993 bis 2011 hatte Vossenkuhl den Lehrstuhl für Philosophie 1 an der LMU in München inne. Schwerpunkte: Praktische Philosophie und Handlungstheorie, Grundlagen der Ethik, Philosophie der Sozialwissenschaften, Theorie der Rationalität. Er ist heute emeritiert.

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Kernaussagen zur Würde des Menschen nach Kant (Vossenkuhl - Caspary)
Menschenwürde - Was bedeutet dieser Begriff heute?
Notate:
- Würde ist ein Selbstzweck (1) - und am meisten gefährdet, besonders in Zeiten von Knappheit der Mittel.
- Triage (2):
statt im Vergleich zu Alter jung bis alt, Geschlecht, Status gelten die am meisten Gefährdeten..
- gilt der Imperativ des Lebensschutzes und Würde ist unteilbar
- die Ethik der Würde kommt an / über ihre Grenze, führt zu keinen glatten Lösungen einer gerechten Verteilung
  der Mittel..

1) Kant
Der kategorische Imperativ gilt für endliche Vernunftwesen per se und ist daher auch insofern allgemein. Daher nimmt er auch alle Menschen unter allen Bedingungen in die Pflicht, bzw. er beschreibt die universelle Form der Pflicht überhaupt. Dies wird unter anderem in der folgenden Formulierung des kategorischen Imperativs ("Gesetzesformel") deutlich:

„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“
Immanuel Kant: AA IV, 421

„Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“ (Immanuel Kant: AA IV, 429
„Denn vernünftige Wesen stehen alle unter dem Gesetz, dass jedes derselben sich selbst und alle andere niemals bloß als Mittel, sondern jederzeit zugleich als Zweck an sich selbst behandeln solle.“
Immanuel Kant: AA IV, 433
https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorischer_Imperativ

Beispiel Triage
(2) Triage ([triːˈɑːʒ]; von französisch triage ‚Auswahl, Sortieren, Sichten‘ zum Verb trier ‚sortieren, aussuchen, ‚auslesen‘),[1][2] deutsche Bezeichnung auch Sichtung oder Einteilung, ist ein nicht gesetzlich kodifiziertes oder methodisch spezifiziertes Verfahren zur Priorisierung medizinischer Hilfeleistung bei unzureichenden Ressourcen, zum Beispiel aufgrund eines unerwartet hohen Aufkommens an Patienten. Falls es unmöglich ist, allen, die Hilfe wünschen, sofort zu helfen, besteht ohne strukturierte Triage die Gefahr einer politisch oder ideologisch motivierten unethischen Selektion
https://de.wikipedia.org/wiki/Triage
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