Impunität . Zur Frage, was es bedeutet, wenn nicht gestraft wird . Dominik Hofmann


Impunität . D. Hofmann
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Online-Publikation: März 2022 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Impunität . Zur Frage, was es bedeutet, wenn nicht gestraft wird . Dominik Hofmann >>
536 Seiten, 22,2 cm x 14,0 cm, broschiert, ISBN 978-3-95832-294-3, 59,90 €
Dieser Titel ist auch im Verlag Humanities Online als E-Book erhältlich:
Velbrück Wissenschaft, D-53919 Weilerswist-Metternich; http://www.velbrueck-wissenschaft.de

Charakteristika
Impunität / Straflosigkeit, Straffeiheit..
Impunität (lateinisch impunitas, Impunidad (spanisch) bzw. impunidade (portugiesisch), impunity (englisch ) the impossibility, de jure or de facto (englisch)..
Straflosigkeit oder auch Straffreiheit bezeichnet den Umstand, dass eine strafwürdige Straftat ungestraft bleibt. Der Begriff stammt aus der römischen Rechtsphilosophie.
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Unterschieden wird zwischen der normativen und der faktischen Impunität. Normative Impunität liegt vor, wenn das geltende Recht die Bestrafung nicht zulässt, bedingt etwa durch eine Gesetzeslücke, durch Indemnität, eine Amnestie, Verjährung oder andere rechtswirksame Hemmnisse. Faktische Impunität liegt vor, wenn eine Tat zwar strafbar ist, aber dennoch nicht geahndet wird, sei es durch die Ineffizienz der Justiz oder auch nur, weil der Täter vor der Strafverfolgung flieht oder stirbt.
Während die Begriffe „Straflosigkeit“ bzw. „Straffreiheit“ auch in den deutschsprachigen Rechtsordnungen Anwendung finden, wird „Impunität“ (englisch impunity) aktuell vor allem im Diskurs des humanitären Völkerrechts verwendet. Die UN-Menschenrechtskommission definiert impunity als
„die Unmöglichkeit, de jure oder de facto, Straftäter zur Rechenschaft zu ziehen, ob in Straf-, Zivil- oder Disziplinarverfahren, da sie keiner Ermittlung unterworfen werden, die dazu führen könnte, dass sie angeklagt, verhaftet, verurteilt und, falls sie schuldig gesprochen werden, zu angemessenen Strafen verurteilt werden und ihren Opfern Entschädigung zuteil wird.“
Besondere Bedeutung hat der Topos der Straflosigkeit im politischen Diskurs Lateinamerikas. Impunidad (spanisch) bzw. impunidade (portugiesisch) werden hier insbesondere im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Militärdiktaturen thematisiert, in Deutschland etwa ist eine „Koalition gegen Straflosigkeit in Argentinien“ aktiv.
https://de.wikipedia.org/wiki/Impunit%C3%A4t#:~:text=Impunit%C3%A4t%20(lateinisch%20impunitas)%2C%20Straflosigkeit,stammt%20aus%20der%20r%C3%B6mischen%20Rechtsphilosophie.

Inhalt
Wenn das Recht nicht durchgesetzt wird, wenn Verbrechen ungestraft bleiben, spricht man von Impunität. Sie ermutigt, so die Sorge von Bevölkerung wie Behörden, zur Kriminalität und bedroht die soziale Ordnung. Außerdem gilt sie als sichtbarer Ausdruck verdeckter Machtinteressen und struktureller Diskriminierung, die sie zugleich begünstigen soll.

Dominik Hofmanns Studie erschließt das Phänomen Impunität – unter anderem anhand zweier lateinamerikanischer Fallbeispiele – über die Beobachtung derjenigen, die Impunität beobachten. Unter Rückgriff auf ein systemtheoretisches Instrumentarium behandelt das Buch Impunität als eine gesellschaftliche Semantik. Es vollzieht deren Herkunft nach, sortiert ihre aktuellen Ausprägungen, fragt nach den sozialen Folgen, die diese Semantik zeitigt, und zeigt, welche verschiedenen Diskurse auf der Ebene der Weltgesellschaft in der Anti-Impunitätsbewegung zusammenlaufen.

Dabei wird deutlich, wie die Straffreiheit zunehmend selbst in ein (zumeist ungestraftes) Vergehen umgedeutet wird und dass dort, wo Impunität herrscht, weder die soziale Ordnung noch das Recht zwangsläufig verschwinden.

Autor
Dominik Hofmann studierte Soziologie und Politikwissenschaft in Würzburg, Salamanca und Bielefeld. Er ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Soziologie in Bielefeld, wo er 2021 promoviert wurde. Seine Forschung befasst sich mit dem Recht der Weltgesellschaft und algorithmischer Vorhersage.

Der Soziologe und Politikwissenschaftler Dominik Hofmann hat sich in seiner überaus umfassenden Untersuchung zur "Impunität" .mit der Frage auseinandergesetzt, was es bedeutet, wenn nicht gestraft wird .
Inhaltlich wird dabei unterschieden zwischen der normativen und der faktischen Impunität. Normative Impunität liegt vor, wenn das geltende Recht die Bestrafung nicht zulässt, bedingt etwa durch eine Gesetzeslücke, durch Indemnität, eine Amnestie, Verjährung oder andere rechtswirksame Hemmnisse.
Faktische Impunität liegt vor, wenn eine Tat zwar strafbar ist, aber dennoch nicht geahndet wird, sei es durch die Ineffizienz der Justiz oder auch nur, weil der Täter vor der Strafverfolgung flieht oder stirbt.
Während die Begriffe „Straflosigkeit“ bzw. „Straffreiheit“ auch in den deutschsprachigen Rechtsordnungen Anwendung finden, wird „Impunität“ (englisch impunity) aktuell vor allem im Diskurs des humanitären Völkerrechts verwendet. Die UN-Menschenrechtskommission definiert impunity als „die Unmöglichkeit, de jure oder de facto, Straftäter zur Rechenschaft zu ziehen, ob in Straf-, Zivil- oder Disziplinarverfahren, da sie keiner Ermittlung unterworfen werden, die dazu führen könnte, dass sie angeklagt, verhaftet, verurteilt und, falls sie schuldig gesprochen werden, zu angemessenen Strafen verurteilt werden und ihren Opfern Entschädigung zuteil wird.“
Besondere Bedeutung hat der Topos der Straflosigkeit im politischen Diskurs Lateinamerikas. Impunidad (spanisch) bzw. impunidade (portugiesisch) werden hier insbesondere im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Militärdiktaturen thematisiert, in Deutschland etwa ist eine „Koalition gegen Straflosigkeit in Argentinien“ aktiv.
Die Quintessenz der hervorragenden Untersuchung von Hofmann mündet in der Frage nach einer brauchbaren Impunität und wann sie unbrauchbar ist, nämlich 'als Legitimierung für strafversessene Kriminalpolitik und als übergeneralisierte Gesellschaftsdiagnose'.
m+w.p22-3 < k. >

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Inhaltsfolge
Einleitung 9
1 Die aktuelle Impunitätssemantik 15
1.1 Typologie moderner Impunitätsverständnisse 21
1.2 Die multiple Revisibilisierung der Rechtsparadoxie 77
1.3 Verbreit(er)ungsmuster: Menschenrechte
und Rechtsstaat . . . . . . . . . . . . . . . 97
1.4 Die Logik der Impunitätsfigur 112
2 Zwei Fallstudien 123
2.1 Fallbeispiel I: CICIG 124
2.2 Fallbeispiel II: IAGMR 155
3 Die historische Impunitätssemantik 181
3.1 Impunität zwischen Rache und Kompensation 186
3.2 Konditionalprogrammierung und
das »Töten mit Impunität« 200
3.3 Der Anspruch »ne crimina remaneant impunita«
und seine Durchsetzung . . . . . . . . . . . . 216
3.4 Impunität als Symptom schlechter Herrschaft 247
3.5 Das internationale Recht und seine Zahnlosigkeit 279
4 Impunitätserklärungen und Erwartungsstrukturen 289
4.1 Unsicherheit, Informalität, Gewalt –
gegenüber dem System 291
4.2 Unsicherheit, Informalität, Gewalt – im System 316
4.3 Kopplung über Organisationen 326
5 Wie ist Recht – trotz Impunität – möglich? 341
5.1 Leistungen programmierter Strafverfahren . . . . . 342
5.2 Leistungskompensation und funktionale Äquivalenz 358
6 Impunität in Selbstbeschreibungen 417
6.1 Selbstbeschreibung des Rechts:
Errors of impunity . . . . . . . . . . . . . . 417
6.2 Selbstbeschreibung der (Welt-)Gesellschaft:
Koloniale Kontinuität? 439
6.3 Selbstbeschreibung der Theorie:
Periphere Allopoiesis? 449
7 Anstelle eines Fazits: Brauchbare Impunität? 454
Literatur 456 - 535
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