Ludwig Hartinger: Schatten säumen

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L. Hartinger: Schatten säumen
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Online-Publikation: Februar 2018 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Ludwig Hartinger: Schatten säumen >>
 111 Seiten, gebunden; ISBN: 978-3-7013-1259-7;: € 19,- (E-Book: € 15,99)
Otto Müller Verlag, Salzburg; http://www.omvs.at

Inhalt
"Wortlaut der Stille" lesen wir in diesen Gedichten, der Fortsetzung des "dichterischen Tagebuchs", das der Wortlandstreicher, seit Beginn des Jahrhunderts, gleichwo gleichwann mitschreibend, führt ...
Laut werden darin freilich keine Botschaften, Befindlichkeiten. Vielmehr folgen wir lesenderweise dem Anklang und Aufschein von Dingen, Gesten, Gesichtern – auch eines Ortes, der Gegend, Natur; von Ahnungen, Schmerz und "den gezeiten unserer nähe". Ein Nachsinnen von Geschautem, Gelebtem, Geträumtem geht auf in bildgestimmten, wortscharf gesäumten Sprachbildern, subtil wie verwegen ... "pantomimen des unsagbaren", ein verschwiegenes Kalendarium des Lichts, das den Dingen ihren Rand gibt und der Schatten, die deren Vielfalt zeigen, bergen. Da "kristalliert der ort", dort "wandert ein echo in dir" und "das herz ist ein nomade / folgt immer seinen spuren", wir entziffern "luftschrift der schwelle" – "momente sind es / fremdnah wie nahfremd / und immer leibeigen" ...
Mitgehend erschließt sich den Lesenden dieses Diariums ein geatmetes Itinerar des Unvorhersehbaren, das dem Wiedererkennen Dauer verleiht. "auf wellenkämmen schärfen / wir unsere wendungen" ...

Autor
Hartinger, Ludwig
geboren 1952 in Saalfelden am Steinernen Meer. Matura BEA ebendort; danach Auslandsaufenthalte. Seit 1985 Lektor bei verschiedenen Verlagen. Herausgeber der Reihe „RanitzDrucke“ in der Edition Thanhäuser, Ottensheim. Veröffentlicht Essays und Gedichte in slowenischer und deutscher Sprache (Ostrina bilk, Ljubljana 2007; Die Schärfe des Halms, dicht.  Tagebuch 2001 – 2012, Ed. Thanhäuser, 2012; anderwort/anderlicht, 2013; Vom Verlauf des Blicks, 2013) sowie Übersetzungen aus dem Slowenischen (u.a. Srečko Kosovel, Tomaž Šalamun, Aleš Debeljak, Aleš Šteger, Maja Vidmar) und Französischen (u.a. Pierre Reverdy, Fiston Mwanza Mijula). Lebt in Salzburg und zeitweise auf dem Karst.
 
Fazit
Das Langzeitgedicht(0)-Tagebuch 2012-2017 "Schatten säumen" von  Ludwig Hartinger pendelt memtal zwischen dem 'Steinernen Meer (1)' und 'Wulingyan (2) sowie seinen poetischen Favoriten Zhuāngzǐ (3).
Seine durchgehende Vierzeiler-minuskel-Form wird nur selten durch ('Vertiefungen', Klammersatzteile) oder Mehrzeilen gebrochen und erstrecken sich zeitlich über fünf Jahre und rund 100 Seiten.
In dieser 'Seiten-Zeit' tauchen 'All diese Worte / Schatten waren sie .., 5) auf und 'scharfer karst scharfe zeit / schliffen ihm (Hartinger) die feder'. Und so sagt er in der Mitte der fünf Jahre, urplötzlich: 'Jucunda. / in meinem dunklen / kindheitsflur / brennt tagnacht licht ...'. Das charakterisiert den Kern der Hartinger Poetik. Sie ist erfüllt von Stifters ähnelnder Einfachheit und doch kryptischer als diese. Des Autors Sprache besteht zeit-frei-willig begrenzt in halben Dezenien leuchtend - im schattigen Glanz - für Poesiefreunde lang-zeitlich erdacht. m+w.p18-2

0) Langzeitgedicht
Langgedicht ist eine Form der Lyrik und bezeichnet ein – entgegen der Gattungstradition, die stets Kürze und Prägnanz des Gedichts betonte – umfangreiches Gedicht, das oft mehrteilig oder als Zyklus angelegt ist. Es vermischt lyrische und epische Elemente, oft ohne verbindliche metrische Form. Das Langgedicht als Phänomen der literarischen Moderne sollte von älteren lyrischen Formen, wie dem Epos oder der Ballade, abgegrenzt werden.
Der Ausdruck Langgedicht ist besonders mit dem Literaturwissenschaftler und Lyriker Walter Höllerer verknüpft, der in seiner Theorie der modernen Lyrik das Langgedicht als Antwort auf die „erzwungene Preziosität und Chinoiserie“ deutscher Versformen setzte: „Das lange Gedicht ist, im gegenwärtigen Moment, schon seiner Form nach politisch; denn es zeigt eine Gegenbewegung gegen Einengung in abgegrenzte Gebiete und Kästchen.“
Walter Höllerer: Theorie der modernen Lyrik
https://de.wikipedia.org/wiki/Langgedicht
1) Steinernen Meer
Saalfelden,  Salzburg; http://www.saalfelden.at
2) Gebirgsplateau in Westchina
Wǔlíngyuán (chinesisch 武陵源) ist eine landschaftliche Sehenswürdigkeit in der chinesischen Provinz Hunan.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wulingyuan,Weltnaturerbe der UNESCO
3)Zhuāngzǐ
(chinesisch 莊子 / 庄子, W.-G. Chuang-tzu; * um 365 v. Chr.; † 290 v. Chr.) bedeutet „Meister Zhuang“. Sein persönlicher Name war Zhuāng Zhōu (chinesisch 莊周 / 庄周). Zhuangzi war ein chinesischer Philosoph und Dichter. Im von Deutschland gepachteten Kiautschou wurde der Name nach dem Lessing-Othmer-System als Dschuang Dsï geschrieben, dessen vereinfachte Variante Dschuang Dsi durch Richard Wilhelms Übersetzung aus dem Jahr 1912 populär wurde. Die ebenfalls veraltete Transkription nach dem Stange-System ist Tschuang-tse.
Nach Zhuang Zhou wird das zu Teilen von ihm verfasste Werk „Zhuangzi“ bezeichnet.
Es bekam im Zuge der Verehrung Zhuang Zhous als daoistischen Heiligen im Jahre 742 unter Kaiser Xuanzong den Ehrentitel „Das wahre Buch vom südlichen Blütenland“ (南華眞經 / 南华真经, Nán Huá Zhēn Jīng).
Zusammen mit dem Daodejing gilt es als Hauptwerk des Daoismus, wobei eine religiöse daoistische Organisation zur Zeit des Zhuangzi nicht nachweisbar ist. Die Schrift gilt als eine der literarisch schönsten, interessantesten und schwierigsten der chinesischen Geistesgeschichte.[1]
https://de.wikipedia.org/wiki/Zhuangzi
4) Karst
Unter Karst versteht man in der Geologie und Geomorphologie unterirdische Geländeformen (Karsthöhlen) und oberirdische Geländeformen (Oberflächenkarst) in Karbonatgesteinen (auch in Sulfat-, Salzgesteinen und Sandsteinen/Quarziten), die vorwiegend durch Lösungs- und Kohlensäureverwitterung sowie Ausfällung von biogenen Kalksteinen und ähnlichen Sedimenten mit hohen Gehalten an Kalziumkarbonat (CaCO3) entstanden sind.
https://de.wikipedia.org/wiki/Karst
5)
Srečko Kosovel
(geboren 18. März 1904 in Sežana, Österreich-Ungarn, (heute Slowenien); gestorben 26. Mai 1926 in Tomadio, Italien, heute Tomaj, Gemeinde Sežana, Slowenien) war ein slowenischer Dichter.
https://de.wikipedia.org/wiki/Sre%C4%8Dko_Kosovel

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