Ivo Andrić: Lyrik und lyrische Prosa Ex ponto . Gedichte

Belletristik
I. Andrić: Lyrik & lyrische Prosa
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Online-Publikation: Juli 2012 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Ivo Andrić: Lyrik und lyrische Prosa Ex ponto . Gedichte . Übersetzung Miloš Okuka und Gero Fischer, mit einer Notiz von Peter Handke >>
184 Seiten, Fadenbindung mit Lesebändchen; EUR 21,00 / sfr 30,50
Wieser Verlag, A-9020 Klagenfurt/Celovec; http://www.wieser-verlag.com

Inhalt
Der Nobelpreisträger und große Schriftsteller Ivo Andrić wird mit diesem Buch als Dichter
entdeckt und stellt damit seine Vielseitigkeit unter Beweis. Still und leise sind seine
Beobachtungen, die in Bildern der Wehmut und der Sehnsucht sein Leben begleiten.
Liebeslieder, die an die porösen Balkanfelsen und Klippen erinnern, an die Zweifel und die
sich immer wieder stellende Frage: Wer bin ich, wohin gehe ich und warum suche ich
immerzu den Weg über die Brücke?
Im vorliegenden Band werden Frühwerke der Lyrik und Prosa von Andrić vorgestellt, die er
im Gefängnis von Maribor und während seiner Verbannung in die bosnische Provinz
geschrieben hat. Zentrales Thema bildet der Zyklus Ex Ponto, in dessen erstem Gedicht es
heißt:
"Zahlreich sind auch die unterschiedlichen Schmerzen, die Menschen auf dieser Welt erleiden,
wo man mit einer schöneren Seele tiefer schluchzt; wer auch nur von einem dieser wahrhaftigen, großen
Schmerzen heimgesucht wurde, der ist mein Bruder und mein Freund."
Andrić stellt in dem Buch beinahe autobiografisch seine Überlegungen, seine
Existenzgedanken und Verletzungen dar. Er bezeichnet das Dasein eines jeden Lebewesen,
als Kampf mit seiner Umwelt, sich selbst, der ganzen Welt und schlussendlich auch mit Gott,
der für Andrić zugleich das Ende und die Erlösung bedeutet. Denn er sieht sich am Ende
seines Lebens von dem Kampf mit der Welt erlöst, gleichzeitig aber im Kampf mit Gott
unterlegen und gedemütigt. Auf wundervolle Weise zeichnet der Autor seine Welt aus
Schmerz und Angst. Das lyrische-Ich ist fortwährend auf der Suche nach dem Glück und dem
Ende von Traurigkeit und Einsamkeit. Immer wieder scheint es erneut Lebenswillen
aufzubringen und erhebt sich gegen die zermürbenden Gefühle und die niedergedrückte
Stimmung im Gefängnis und ist weiterhin auf der Suche nach Glück.
Wer kennt das Ende der Zeit, den Weg des Windes, den Namen der Stille, und was ist es, was
mir die Gedanken verwirrt und den Schlaf raubt?

Fazit
Bibliophil und E-book-fern fühlt er sich an, mit Silber-Titel auf schwarzem Einbandgrund sowie Schutzumschlag mit Fadenbindung und Leseband, zum Verweil lädt er ein, der Poesieband von Ivo Andric " Kyrik und lyrische Prosa / ex ponto ". Er ist "einer der neun bis elf grossen Epiker des 20. Jahrhunderts" vermerkt Peter Handke in seiner Einbegleitung.
Die charakteristisch - *kakanische* und tiefgreifende Melancholie strömt aus den Texten und der zwischenzeiligen Aura dieses balkanischen Meisters: "Wohin hat es meine Sehnsüchte getrieben, wie viele Male bin ich gestrauchelt, wie oft habe ich in Gedanken gesündigt und im Leben gefehlt! ... Hochmut hat mich getragen wie der Wind. Das Feuer, das in meiner Seele brannte, hat mich nicht verzehrt, sondern gab mir Kraft und Schwung." Das ist stimmig und erlittene Weisheit. m+w.p12-7

*) Kakanien ist die ironische Bezeichnung für die österreichisch-ungarische Monarchie ...
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