Andrea Palladio: Die Vier Bücher zur Architektur

Online-Publikation: November 2008 im Internet-Journal <<kultur-punkt>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Andrea Palladio: Die Vier Bücher zur Architektur >>
480 S., gebunden mit Schutzumschlag, 31,2 x 23,5 cm; EAN: 978-3-86539-176-6; 29,90 €
marixverlag GmbH, D-65187 Wiesbaden 2008; www.marixverlag.de

Inhalt
Andrea Palladio war und ist der Meister der italienischen Baukunst des 16. Jahrhunderts.
Die „Quattro libri“ machten Palladio neben Leon Battista Alberti zum einflussreichsten Architekturtheoretiker der frühen Neuzeit. Nach ihrer Übersetzung in die englische Sprache durch den Architekten Giacomo Leoni 1715 beeinflusste Palladios Werk vor allem die protestantische und anglikanische Architektur Nordeuropas (Palladianismus). In diesem Zusammenhang wird auch oft vom (neo-)palladianistischen Stil gesprochen. Als „Aristoteles der Baukunst“ besticht er im Gegensatz zu Michelangelo weniger durch kapriziöse Einzelwerke als dadurch, in zahlreichen Bauten eine klassische, klare und einfach nachzuvollziehende Formensprache gefunden zu haben. Die Ausgabe wurde neu übersetzt von Prof. emer. Hans-K. Lücke; zweisprachig Italienisch-Deutsch, im Originalformat mit sämtlichen Tafeln.

Autor
Andrea Palladio (1508 – 1580) wird als Sohn eines Müllers in Padua geboren. Sein Vater schließt für den 13-Jährigen einen Lehrvertrag mit der Werkstatt des Architekten und Steinmetzen Bartolomeo Cavazza da Sossano ab. Im April 1523 flieht Palladio aus der Werkstatt Cavazzas nach Vicenza, wird aber wegen Vertragsbruchs zur Rückkehr gezwungen. Bei Aufenthalten in Rom studiert er die antiken Bauwerke und die Schriften Vitruvs. Dieses Studium prägt auch seine eigenen Bauten: Wo immer möglich, verwendet er antike Ordnungen und Formen. Dieser palladianische Klassizismus steht durch seine klare und einfach nachzuvollziehende Formensprache im Gegensatz zur kapriziösen Kunst Michelangelos, ist entwicklungsgeschichtlich aber gleich bedeutend und leitet die klassizistische Richtung des Barock ein. Palladio baute sehr viel in Vicenza und prägte mit seinen Palastbauten das dortige Stadtbild, seine Hauptkirchenbauten führte er in Venedig aus.

Fazit
Der Marix-Verlag konzentriert sich dankenswerter Weise auf eine bibliophilen und faksimile-adäquaten Ausgabe von "Andrea Palladio, 1508 – 1580 : Die Vier Bücher zur Architektur" und gibt damit dem an Raum und Zeit Interessierten Gelegenheit über die Jahrhunderte Einflussnahme von diesem Architekturgenie der zweiten Hälfte des vergangenen und unvergessenen ja lebendigen Jahrtausend zu studieren.
Im gta-Verlag zürich, www.gta.arch.ethz.ch ist zur Zeit gleichfalls zum "Palladianismus" erschienen: Werner Oechslin: Palladianismus . Andrea Palladio – Kontinuität von Werk und Wirkung
26.5 x 32.5 cm, Leinen, leinenkaschiertem Schuber, 344 Seiten, 241 Abb. farbig und sw, ISBN 978-3-85676-239-1, 160.00 CHF / 98.00 Euro
Dessen Inhalt:
Wie kaum ein anderer Architekt prägte Andrea Palladio (1508–1580) eine in seiner Zeit neue Baukunst, die über ganz Europa bis nach Amerika Verbreitung fand und bis heute wirksam bleibt. Weil diese Architektur trotz ihrer Internationalität stets erkennbar auf Palladio zurückverweist, beschreibt man das einzigartige Phänomen als Palladianismus. Die Ursachen liegen in der klaren, unverwechselbaren Erscheinungsform seiner Bauten und in der ihnen eigenen Eleganz sowie in der Palladio stets zugewiesenen theoretischen Autorität. Diese verbindet sich mit seinen Quattro libri dell’architettura (1570), die zu den erfolgreichsten Architekturbüchern überhaupt zählen. In ihnen hat Palladio sein eigenes Werk, die Villen und Paläste in Vicenza und im Veneto, musterhaft in den Mittelpunkt gestellt.
Werner Oechslin geht dem Phänomen Palladianismus nach und untersucht dessen Gründe, zunächst bei Palladio selbst. Palladio hat in seiner Auseinandersetzung mit der antiken Architektur, mit Vitruv und dessen Kommentator Daniele Barbaro die Grundlage seines Erfolges geschaffen. Seine Bauten bieten im besten Sinne exemplarische Vorlagen, für den Palast, die Villa, die Fassade, die Raumabfolge. Auf unterschiedlichste Weise werden solche Vorzüge erkannt, aufgenommen und umgeformt. Dementsprechend wird der vielfältige Umgang mit Palladio in Deutschland, Frankreich, Holland und England genauer analysiert. Der besondere Wert der Darstellung liegt darin, die Nachwirkung Palladios auch dort aufzuspüren, wo die äusseren ‘historischen’ Formen verlassen werden und die moderne Architektur einen ‘abstrakteren’ Zugang neu herstellt.
Mit in die Betrachtung gehören Le Corbusier wie Mies van der Rohe, die englischen Brutalisten und selbst Peter Eisenman.

Quintessenz: Diese letzte Betrachtung kann sich der Vorgenannte an Raum und Zeit Interessierte getrost sparen, was voran die Beton-Brutalos in der gta-Ausgabe betrifft - und sich dem Marix-Band zu Palladio wieder zuwenden, da die epoche-überdauernde Freude und Harmonie erspüren, die bis in die 20-Jahre des vergangenen Jahrhunderts im Art-Deko zuletzt und etwas holpriger, de-proportioniert im Post-Klassizismus laufend wieder aufscheinen. w.p. 08-11