Wodin, Natascha: Nachtgeschwister

Online-Publikation: August 2009 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Wodin, Natascha: Nachtgeschwister . Roman >>
240 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, ISBN 978-3-88897-560-8; 18.90 EUR
Verlag Antje Kunstmann 2009; www.kunstmann.de  

Inhalt
»Ich wusste sofort, dass ich auf etwas Großes gestoßen war, auf etwas Einmaliges, auf einen Dichter, wie es sie zu allen Zeiten nur vereinzelt gegeben hat.« Ein Bändchen mit Gedichten ist der Auslöser für eine leidenschaftliche Liebesgeschichte, eine Obsession, eine quälende Verstrickung. »Schon von den ersten Zeilen ging eine Kraft aus, ein Licht, eine Dunkelheit, ein Schmerz, eine Schönheit, eine Wucht« – so erzählt die Frau, die die Gedichte liest –, »dass sich die Welt in einem einzigen Augen­blick für mich verändert hat, weil es in ihr jetzt diese Stimme gab.« Die Stimme des Seelenverwandten, die Stimme eines Verlorenen. Nun setzt sie alles in Bewegung, um den Autor dieser Gedichte zu treffen, der unerreichbar ist im anderen Teil Deutschlands. Sie schreibt, sie ruft an. Als er eines Tages tatsächlich kommt, wird ihr Traum wahr. Und zum Albtraum. Denn der Mann, der kommt und bleibt, ist anders, als sie ihn sich erfunden hat.

Autorin
Natascha Wodin, 1945 in Fürth geboren, lebt als freie Schriftstellerin und Übersetzerin aus dem Russischen in Berlin. Für ihre Bücher (u.a. »Die gläserne Stadt«, »Einmal lebte ich«, »Erfindung einer Liebe«) ist sie mit dem Hermann-Hesse-Preis und dem Adalbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet worden.

Fazit
Der Roman von Natascha Wodin "Nachtgeschwister" zeigt überaus gekonnt die Unerbittlichkeit des Wartens mit seinem Vernichtungspotential in der Melancholie, die sich zur depressiven Existenz verwandelt und schliesslich in den Tod mündet, wobei die verbleibende, pyknische Beziehungsfigur diese Existenz noch nachlebt. Kühl und fast unnahbar, nur scheinbar klar erzählt, von einem ständigen Schweben begleitet - von Unsicherheit verbreitenden Teilchen - wie es der verbrannte Braunkohlengeruch im Aussen und der reinigende Lysolgeruch im Inneren der öffentlichen Räume der DDR vermittelte, das schliesslich auch die Seele erfasst und sie schwankend umtreibt. w.p. 09-8w.p.