Fesselnde historische Fotografien der Feuerlandindianer

Ereignisse Reisen
Begegnungen auf Feuerland
-kr-hatjecantz15-4feuerland


Online-Publikation: April 2015 im Internet-Journal <<kultur-punkt>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Begegnungen auf Feuerland. Selk'nam, Yámana, Kawesqar . Fotografien von Martin Gusinde 1918-1924 >>
Texte von Christine Barth, Anne Chapman, Dominique Legoupil, Marisol Palma Behnke, Von Martin Gusinde
299 Seiten, Leinen, bibliophil gebunden, mehr als 200 Abb. in Duplex; 25,30 x 31,60 cm; gebunden; ISBN 978-3-7757-3891-0; € 68,00
Hatje Cantz Verlag, Ostfildern; http://www.hatjecantz.de;  mailto:m.gatermann@hatjecantz.de;

Charakteristika
Fesselnde historische Fotografien der Feuerlandindianer

Inhalt
Zwischen 1918 und 1923 unternahm der österreichische Missionar und Ethnologe Martin Gusinde (1886–1969) vier Reisen zur Inselgruppe Feuerland an der Südspitze Südamerikas. Bei seinen Aufenthalten, bei denen er an sonst geheimen Zeremonien der Feuerlandindianer teilnehmen durfte, gewann er tiefe Einblicke in die Kultur der Selk’nam, Yámana und Halakwúlup. Mit seinen monumentalen ethnografischen Publikationen und den rund 1 000 Fotografien, die er mit einer Plattenkamera schoss, schrieb er Anthropologiegeschichte. Die dokumentarischen Bilder sind von hoher künstlerischer Qualität und zeigen die Eingeborenen vor der Kulisse der extrem kargen Landschaft und des rauen Klimas, an das sie ihre Lebensweise angepasst haben. Die Riten und Feste sowie ritualisierten und formalisierten Posen, Gesten und Kompositionen der Feuerlandindianer werden in Nahaufnahmen und Porträts eindrucksvoll lebendig.

Fazit
Die Kulturanthropologie sah bis zur Mitte des 20.Jhdt. Jäger- und SammlerInnen als einfache bzw. 'primitive' Forschungsobjekte und das Materielle im Vordergrund.
Gleichermassen werden die "Begegnungen auf Feuerland" fotografische inzeniert und frontal dokumentiert, so dass das Innergründige, wahre Kulturschaffende dieser Menschen als eigengestaltendes Wesensausdruck in den Hintergrund gerät. Dieser gitterfreie 'Zoo-Blick-Kontakt? verhüllt und behindert den kreativen Blick auf Augenhöhe im kulturell-globalen  Kontext auf unserer Erde. Diese Tragik entbirgt dieser Bildband erst im Nachdenkblick auf diese originären verlorenen Begegnungen und enthüllt das Paranoid-Faschistische als Pseudo-Faszinosum im griffigen bibliophilen Leinenband hervorragend präsentiert. m+w.p15-4

Weitere vertiefende Hinweise:

Feuerlandindianer-Kultur
Das monumentale ethnographische Werk „Die Feuerlandindianer" beruht auf vier Forschungsaufenthalten Gusindes bei verschiedenen ethnischen Gruppen in Feuerland. Diese indianischen Gemeinschaften fielen - wie viele andere „Stämme" im Cono Sur (z.B. die Tehuelche in Patagonien) - Anfang des 20. Jahrhunderts dem Ethnozid und Genozid im Rahmen einer aggressiven Kolonisationspolitik zum Opfer. Zu den indianischen Gemeinschaften, die Gusinde studierte und beschrieb, zählen u.a. die Selk`nam (Ona) und die Halawulup (Gusinde 1931/1974)
Die Feuerlandindianer bestritten ihre Subsistenz als Jäger- und SammlerInnen und waren auf die Nutzung ihrer natürlichen Umwelt in hohem Maße spezialisiert. Trotz des kargen Landes und des rauhen Klimas nützten sie verschiedenste Ressourcen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern und ihre Lebenswelt zu gestalten. Dem Meer und der Küste kam dabei besonders großer Stellenwert zu (etwa zur Nahrungsbeschaffung - Muscheln, Seetang, Fische und Seesäuger wie Wale und Robben).
Die relativ einfache materielle Kultur dieser Gesellschaften wurde zur Zeit Gusindes meist als Zeichen von „Primitivität" gelesen, sie galten als Inbegriff für den Beginn der Menschheitsgeschichte und der kulturellen Entwicklung. Wenig Beachtung zollte man dem komplexen Weltbild, der Mythologie und der rituellen Struktur, größere geistige Leistungen wurden ihnen abgesprochen.
Die umfangreichen Ethnographien von Gusinde liefern hingegen ein differenziertes Bild dieser Gesellschaften. Sie beschäftigen sich mit der Subsistenz in einem spezifischen Habitat und werden unter diesem Aspekt bis heute als wichtiges Datenmaterial für kulturökologische Analysen verwendet (vgl. Wilson 1999). Zum anderen widmete sich Gusinde verschiedenen Aspekten des sozialen Lebens, der Religion und der Mythologie. Unter anderem geben seine Werke Aufschluss über die Geschlechterbeziehungen und zeigen ein spezifisches Frauenbild in Gusindes Ethnographien.
Während seine Beschreibungen und Interpretationen teilweise von den Thesen der Kulturkreislehre geprägt waren (z.B. in bezug auf die Betonung des „Hochgottglaubens" und der strengen Einhaltung der Monogamie), bleibt er doch offen für eine komplexe und vielschichte Darstellung der Lebenswelt dieser Kulturen.
http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/ethnologie/ethnologie-705.html

Völkerkunde allgemein
Die Ethnologie (altgriechisch éthnos „fremdes Volk“, und -logie „Lehre“) oder Völkerkunde erforscht und vergleicht die Kulturen der weltweit rund 1300 ethnischen Gruppen und indigenen Völker, vor allem ihre Wirtschaftsweisen, soziale und politische Organisation, Religionen, Rechtsvorstellungen, medizinischen Kenntnisse und gesundheitsbezogenen Praktiken, und ihre Musiken. Den deutschen und europäischen Kulturraum behandelt der Fachbereich Europäische Ethnologie (Volkskunde). International üblich ist auch die Bezeichnung „Sozialanthropologie“, sowie Kulturanthropologie für die europäische Volkskunde.
Die Ethnologie wird seit Ende des 19. Jahrhunderts als eigenständiges Fach an Universitäten gelehrt, zunächst in Deutschland als Völkerkunde, dann in Großbritannien als social anthropology und schließlich in den USA als cultural anthropology. Im angelsächsischen Raum gilt sie als Teilgebiet der Anthropologie (Wissenschaft vom Menschen)[2] – im kontinentalen Europa wird diese allerdings eher als Naturwissenschaft (physische Anthropologie) und als Teilbereich ethnologischer Feldforschung verstanden. Methodische Grundlagen für Ethnologinnen und Ethnologen sind teilnehmende Beobachtungen, Ethnographien (Völkerbeschreibungen) und Kulturvergleiche.
Lange konzentrierte sich die Ethnologie auf außereuropäische, als schriftlos und nicht staatenbildend angesehene ethnische Gruppen und Gesellschaften, die in der deutschen und skandinavischen Völkerkunde irreführend als „Naturvölker“ bezeichnet wurden. In neuerer Zeit erweitert sich ihr Arbeitsfeld allgemein auf interkulturelle Kommunikation zwischen sozialen Gruppen, auch in modernen Industriegesellschaften, in städtischen Räumen,[3] in Zusammenhang mit Migration oder mit transnationalen Online-Gemeinschaften (Netnographien, Cyberanthropologie). Ethnologische Forschung und Tätigkeit sind heute weder auf Gegenwart oder Vergangenheit, noch auf bestimmte Gebiete der Welt beschränkt (siehe Liste regionaler Ethnologie).http://de.wikipedia.org/wiki/Ethnologie