Noroviren- und Rotaviren

<< Dipl.-Ing. Wilfried Soddemann: Noroviren- und Rotaviren Alarm: Trinkwasser macht krank. 2 - 2008 >>
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Als Hintergrundinformation Auszüge aus der vorliegenden Fachliteratur :
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   Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, Volume 50, Number 3 / März 2007
   Professor Konrad Botzenhart, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Tübingen
> http://www.umg-verlag.de/umwelt-medizin-gesellschaft/206_m_ua.html
   Leena Maunula, Ilkka T.Miettinen, Carl-Henrik von Bonsdorff
> http://www.umg-verlag.de/umwelt-medizin-gesellschaft/206_sodd.html

Titelfolge
- Norovirus- und auch Rotavirus-Infektionen
- Viren im Trinkwasser
- Vom Trinkwasser ausgehende Norovirus-Epidemien
- Mikrobiologische Trinkwasserüberwachung in Deutschland: weder unabhängig noch effizient
- Norovirus-Epidemien durch Trinkwasser ausgelöst

Zum Autor
Wilfried Soddemann befasst sich mit technischem Umweltschutz, Umwelt- und Trinkwasserhygiene sowie der Epidemiologie der Infektionserkrankungen in Deutschland.

Überblick
Viren sind kleinste Krankheitserreger. Sie bestehen nur aus Erbmaterial, das von einer schützenden Eiweißhülle umgeben ist. Sie besitzen keinen eigenen Stoffwechsel und sind deshalb auch nicht in der Lage, sich selbst zu vermehren. Dazu brauchen sie die Zelle eines Lebewesens, des sogenannten Wirtes.
Die Zellen der menschlichen Schleimhäute, bspw. in den Atemwegen, sind Virusangriffen besonders ausgesetzt, da sie nicht von einer schützenden Hautschicht bedeckt sind. Das Virus hängt sich an eine Zelle an und dringt in sie ein. Es schleust sein Erbgut in das der Wirtszelle, sodass diese gezwungen ist neue Viren zu produzieren.

Norovirus- und auch Rotavirus-Infektionen

werden durch Fäkalien entweder in Lebensmitteln oder im Trinkwasser ausgelöst, bevor sie von Mensch zu Mensch übertragen werden können, besonders augenfällig in Krankenhäusern, Altenheimen, Schulen oder Kindergärten. In unseren Gewässern, auch im Grundwasser, kommen Viren vor. Unsere Wasserwerke können Viren regelmäßig nicht filtern. Kaltes Wasser konserviert ansteckende Viren. Die Norovirus- und Rotavirus-Infektionen folgen jedes Jahr streng dem Verlauf der Kälte im Wasser, im Boden und in den Wasserleitungen. Es ist offensichtlich, dass die winterlichen Norovirus- und Rotavirus-Infektionen von der Kälte abhängen. Unsere Lebensmittel haben das ganze Jahr über in etwa die gleiche Temperatur. Das Trinkwasser nicht. Es hat sein Temperaturminimum im Februar. Also muss das Trinkwasser die Norovirus- und Rotavirus-Infektionen auslösen! Die Ultrafiltration kann Viren aus dem Trinkwasser filtern, ohne Zusatz von Chemikalien. Dabei entstehen zusätzliche Kosten von lediglich 5 bis 7 € pro Person und Jahr, für eine vierköpfige Familie also rund 2 € im Monat. Eine vorsorgende Gesundheitspolitik muss die Infektionsketten durchbrechen. Die Ultrafiltration würde die Kosten im Gesundheitswesen, die Lohnnebenkosten und die Ausfallzeiten am Arbeitsplatz reduzieren, auch bei anderen durch Trinkwasser übertragenen Infektionen. Auch die H5N1-Vogelgrippe kann mit dem Trinkwasser übertragen werden. Eine epidemiologische Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar die saisonale Influenza durch das Trinkwasser ausgelöst wird.

Viren im Trinkwasser

können Infektionskrankheiten verursachen. Während dieses früher vor allem für die Hepatitis A und der Hepatitis E beobachtet wurde, sind in den letzten Jahren mehrere größere und kleinere Epidemien von Norwalkvirusinfektionen [Anm.: Norovirusinfektionen] beschrieben worden, auch in Europa. Alle trinkwasserrelevanten Viren stammen aus Fäkalien und sind im Abwasser auch nach mehrstufiger konventioneller Klärung regelmäßig noch nachweisbar. Sie sind den zugelassenen Desinfektionsverfahren gut zugänglich, soweit sie nicht in größere Partikel integriert sind. Folglich kommt der Partikelabscheidung bei der Aufbereitung eine besonders große Bedeutung zu. Die Virusfreiheit des abgegebenen Trinkwassers kann mit der erforderlichen Sicherheit durch virologische Untersuchungen nicht nachgewiesen werden. Die Untersuchung von 100-mL-Proben auf E. coli und coliforme Bakterien ist dafür ebenfalls nicht ausreichend. Bei Verwendung von möglicherweise kontaminiertem Rohwasser muss daher die Sicherheit der Verbraucher über eine von Fall zu Fall zu berechnende Leistungsfähigkeit der Aufbereitungsanlage gewährleistet werden. In die Berechnung gehen die Virusbelastung des Rohwassers, die Leistung der physikalisch-chemischen Partikelelimination und die Wirkung der Desinfektion ein. Die wirkungsbestimmenden Faktoren der Desinfektion, namentlich Konzentration und Einwirkungszeit bzw. die UV- Bestrahlungsstärke, müssen anhand des Infektionsrisikos durch Viren festgelegt und eingehalten werden, auch wenn sie aufgrund günstiger E.-coli-Befunde überhöht erscheinen.

Vom Trinkwasser ausgehende Norovirus-Epidemien

Im Rahmen eines intensivierten Monitoring Programms zu lebensmittelbedingten Epidemien in Finnland wurden vom Trinkwasser ausgehende und durch Viren verursachte Krankheitsausbrüche untersucht. Die diagnostischen Maßnahmen umfassten Stuhluntersuchungen von Patienten mittels Elektronenmikroskopie und reverse Transkriptase-PCR (RT-PCR) auf Noroviren und Astroviren. Sobald ein Test positive Resultate für einen Virustyp ergab, wurde die zugehörige Trinkwasserprobe analysiert. Die Viruskonzentration erfolgte mittels positiv geladener Filter aus 1 L Proben. Während der Beobachtungsperiode 1998-2003 waren bei insgesamt 41 als wasserbedingt beschriebenen Epidemien zu 28 dieser Krankheitsausbrüche Wasserproben für Analysen verfügbar. Die Bewertung der RT-PCR-Ergebnisse der Patientenproben ergab bei 18 der Krankheitsausbrüche Noroviren als Ursache. Bei 10 Epidemien wurden in den zugehörigen Wasserproben ebenfalls Noroviren nachgewiesen. Mit Ausnahme eines Falls war die Amplicon-Sequenz dieser Viren identisch mit der bei Patienten gefundenen Virusart. Das weltweite Vorkommen von wasserbedingten Norovirus-Epidemien erfordert Maßnahmen zur Überwachung des Wassers auf Viren.

Mikrobiologische Trinkwasserüberwachung in Deutschland: weder unabhängig noch effizient

Das System der Trinkwasserüberwachung in Deutschland wird als problematisch beurteilt, da Trinkwasseruntersuchungen nahezu ausschließlich von den Wasserversorgungsunternehmen selbst oder in ihrem Auftrag durchgeführt werd en. Deutsche Wasserversorgungsunternehmen sind meist öffentlich-rechtliche kommunale Betriebe, Zweckverbände oder privat-rechtliche Gesellschaften mit kommunaler Beteiligung. Für die gesetzliche Trinkwasserüberwachung sind - ebenfalls auf kommunaler Ebene - die Gesundheitsämter der Landkreise und kreisfreien Städte zuständig. Dem Bund und den Ländern sind keine Aufgaben zur regelmäßigen Trinkwasserüberwachung vor Ort übertragen. Gechlortes Trinkwasser wird oft erst nach der Chlorung auf die Indikatorbakterien der Trinkwasserverordnung untersucht, so dass positive bakteriologische Befunde selten sein müssen. Negative bakteriologische Befunde sind keine Nachweise der Virenfreiheit. Untersuchungen auf pathogene Viren finden in Deutschland so gut wie nicht statt, obwohl aus einer Vielzahl von Untersuchungen bekannt ist, dass Viren im Trinkwasser enthalten und Auslöser von Epidemien sein können. Norovirus- und Rotaviruserkrankungen sind die von den Gesundheitsämtern dem Robert Koch-Institut Berlin am häufigsten gemeldeten Virusinfektionen in Deutschland. Das Futtermittel Tränkwasser wird, wenn überhaupt, meist nur auf wenige bakteriologische Parameter untersucht, gechlortes Tränkwasser meist nach der Chlorung. Mikrobiologische Belastungen in nicht gechlortem, ggf. auch in gechlortem Tränkwasser können zu einem hohen Antibiotikaeinsatz bei der Nutztiererzeugung und über das erzeugte Fleisch zu Antibiotikaresistenzen beim Menschen führen.
Die Trinkwasserüberwachung ist unabhängigen Behörden und Untersuchungsstellen der Länder zu übertragen. Auf die Indikatorbakterien der Trinkwasserverordnung ist stets vor der Chlorung zu untersuchen. Trinkwasser ist systematisch auch auf Noro- und Rotaviren zu untersuchen. Das Futtermittel Tränkwasser ist analog zu überwachen.
Dies alles ist den Wasserversorgungsunternehmen und den Gesundheitsämtern bekannt, auch der Deutschen Bundesregierung, den Bundesbehörden und der Deutschen Trinkwasserkommission, die eine hohe Affinität zu den Wasserversorgungsunternehmen besitzt.

Norovirus-Epidemien durch Trinkwasser ausgelöst

Die Kälte ist der mit Abstand wichtigste Faktor zur Konservierung ansteckender Viren, auch im Trinkwasser. Die - ohne jeden vernünftigen Zweifel - durch fäkal verunreinigtes Trinkwasser primär ausgelöste Norovirus-Saison 2007/2008 hat in Deutschland in der 38. Woche begonnen: Exakt - wie jedes Jahr - bei Trinkwasserleitungstemperaturen von weniger als 15°C. Norovirus-Infektionen haben nach kühleren Sommern (2002, 2004 und auch 2007) Herbstgipfel, wenn ansteckende Noroviren im Spätsommer in stehenden Gewässern bei Temperaturen von weniger als 15°C in der Sprungschicht zwischen dem tiefen kalten Wasser und der oberen warmen Wasserschicht eingeschichtet wurden. Während der herbstlichen Volldurchmischung der Wasserkörper bei 10°C (kälterer Bodensee 6°C) sinken die Noroviren zu den tiefer gelegenen Trinkwasserentnahmen ab oder gelangen von den stehenden Oberflächengewässern in das Grundwasser. In Baden-Württemberg mit einem erheblichen Trinkwasseranteil aus dem tiefen und kalten Bodensee stellt sich das Herbstmaximum der Norovirus-Infektionen stets etwa einen Monat später als z.B. in Sachsen mit seinen mittelgroßen Talsperren ein, weil das Bodenseewasser erst gegen Ende des Jahres voll durchmischt ist. Nach wärmeren Sommern wie 2006 fallen die Infektionsmaxima mit den winterlichen Maxima der Kältesummen im Februar/März zusammen.
Norovirus-Infektionen werden fäkal-oral entweder durch Lebensmittel oder das Trinkwasser ausgelöst. Lebensmittel haben in unserer Zivilisation das ganze Jahr über in etwa die gleiche Temperatur. Trinkwasser verändert im Jahresverlauf seine Temperatur ganz erheblich.
Welches andere seine Temperatur verändernde Medium kann die offenkundig von den Veränderungen der Temperaturen abhängigen fäkal-oralen Norovirus-Infektionen primär, also initial auslösen, so wie das Trinkwasser?
Eine vorsorgende Gesundheitspolitik muss die Infektionsketten durchbrechen. Die wirkungsvolle Trinkwasseraufbereitung würde die Kosten im Gesundheitswesen senken, auch hinsichtlich anderer durch Trinkwasser übertragener Infektionen durch z.B. Adenovirus, Campylobacter, E.-coli-Enteritis, EHEC/STEC, Kryptosporidiose, Salmonellose, Yersiniose. Auch die H5N1-Vogelgrippe kann und wird mit dem Trinkwasser übertragen werden. Eine vorliegende epidemiologische Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die saisonale Influenza mit dem Trinkwasser primär, also initial übertragen wird.