Die Menschen im Zeitalter ihrer Überflüssigkeit

Diskurs PA4
W. Pohrt: Brothers in Crime
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Online-Publikation: April 2015 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<<  Pohrt, Wolfgang: Brothers in Crime . Die Menschen im Zeitalter ihrer Überflüssigkeit >>
Critica Diabolis 68; Broschur, 224 Seiten, ISBN: 978-3-89320-002-3; 16.- Euro
Edition Tiamat / Verlag Klaus Bittermann, Berlin; http://www.edition-tiamat.de;

Charakteristika
Über die Herkunft von Gruppen, Cliquen, Banden, Rackets und Gangs

Inhalt
Ausgehend von Horkheimer, demzufolge die gesellschaftliche Herrschaft »aus ihrem eigenen ökonomischen Prinzip heraus in die Gangsterherrschaft« übergeht, beschreibt Pohrt die allgemeine Entwicklungstendenz. »Wer an der Spitze steht, steht auch mit einem Beim im Knast.« Heute oft mit beiden. Top-Manager wie Uli Hoeneß und Thomas Middelhoff, deren Gesetzesverstöße öffentlich verharmlost werden, sind nur zwei aktuelle Beispiele. Jugendbanden und Russen-Mafia vervollständigen das Bild, und es vergeht kein Tag, an dem die organisierten Verbrecher nicht vor dem organisierten Verbrechen warnen. Statt noch einmal über die hinlänglich bekannten Machenschaften der herrschenden Klassen sich zu verbreiten, unternimmt Pohrt den Versuch, die Bedingungen zu bestimmen, unter denen sich auflöst, was Gesellschaft war, und an deren Stelle ein System von Cliquen und Banden tritt.

Autor
Wolfgang Pohrt, 1945 geboren, ist Soziologe und lebt in Stuttgart.

Stimme
»Wolfgang Pohrt ist ein richtiger Chaot, der manchmal schlimme Sachen schreibt und dennoch oder vielleicht deshalb Geschichten aufreißt, die wir einfach routinemäßig plattgesessen haben.«
Hermann L.Gremliza

Empfehlung
Für alle, die Wolfgang Pohrt auch gern mal auf Französisch lesen würden:
Im Oktober 2013 ist die französische Übersetzung des Buches "Brothers in Crime" erschienen mit dem Titel: "Sociologie du crime politique. L'être humain à l'époque de son inutilité", übersetzt von Wolfgang Kukulies, mit einem Vorwort von Fabien Lebrun und Nicolas Oblin, Le bord de l'eau, Lormont 2013.

Fazit
Geschichtenaufreisser Wolfgang Pohrt erzahlt kunterbunt und munter von der Leber weg, von Topoi (Revieren, Mutationen, Reformländer..), von Vorgängen mit ( Maschinenpistolen, Leben ist Sterben und Neuanfängen) und erzählt der Reihe nach -beliebig - von  Begegnungen mit (Guerilleros, Aufsteigern, Freunden, Pionieren, Einzelgänger, Nestflüchtern, Rumtreibern, Eckenstehern, Selbstmördern, Hinterbliebenen und denVordenkern: Simmel (1), Cooley.(2)
Hinter diesem Aufreissen aber, steckt eine gewaltige Portion von Empathie. Nicht unerwähnt soll dazu Jane Addams (3) genannt werden, die bemerkt wie Neueinwanderer in Slums ein korruptes System von Clans und Cliquen bilden, in welches von obersten Stadtverwaltern bis zu den ärmsten 'Schluckern' irgendwir verwickelt sind, so aber das Gemeinwesen grosse Verluste erleidet - siehe bis aktuell, die Spitze des Terrorberges namens 'Charley' und die Folgen..
Es ist ein berührendes Diskursbuch, querfeldein und deshalb für einen kräftigen Diskursverlauf prädestiniert. m+w.p15-4

(1)
Georg SimmelGeorg Simmel (* 1. März 1858 in Berlin; † 26. September 1918 in Straßburg) war ein deutscher Philosoph und Soziologe. Er leistete wichtige Beiträge zur Kulturphilosophie, war Begründer der „formalen Soziologie“ und der Konfliktsoziologie. Simmel stand in der Tradition der Lebensphilosophie, aber auch der des Neukantianismus.http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Simmel

(2)
Charles Horton Cooley (* 17. August 1864 in Ann Arbor, Michigan; † 7. Mai 1929 ebendort) war ein US-amerikanischer Soziologe. Er war der 8. Präsident der American Sociological Association.
Mentale Auffassung von Gesellschaft[Bearbeiten]Das meiste von dem, was Cooley gelehrt hatte, wurde ein fester Bestandteil der amerikanischen Konzeption soziologischer Theorie. Der umstrittenste Punkt war seine These (im Anschluss an sozialpsychologische Vorarbeiten von William James, John Dewey und James Mark Baldwin), dass das Individuum schon geistig (mental) ein soziales Wesen sei; die begriffliche Gegenüberstellung Individuum/Gesellschaft sei fehlgeleitete Metaphysik. Gesellschaft fasste er ebenfalls mental auf, insofern sie aus den geistigen Vorstellungen besteht, die aus den sozialen Interaktionen und Kommunikationen herauswachsen.[3]
”So far as the study of immediate social relations is concerned the personal idea is the real person. That is to say, it is in this alone that one man exists for another, and acts directly upon his mind..."http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Cooley

(3)
Jane Laura Addams (* 6. September 1860 in Cedarville, Stephenson County, Illinois; † 21. Mai 1935 in Chicago, Illinois) war eine US-amerikanische Feministin, Soziologin und engagierte Journalistin der Friedensbewegung Anfang der 1920er Jahre. Sie war eine Wegbereiterin der Sozialen Arbeit und gründete 1889 in Chicago das Hull House, das heute als Museum besteht. 1931 erhielt sie zusammen mit Nicholas Murray Butler den Friedensnobelpreis.
Jane Addams lebte in Chicago zur Zeit der Industrialisierung. Diese brachte eine Reihe von sozialen Problemen mit sich, auf die die amerikanische Gesellschaft nicht vorbereitet war. Sie lebte in dem so genannten Hull-House in einem Chicagoer Armenviertel, denn sie wollte am Leben der Armen teilnehmen und ihre Lebensbedingungen verbessern. Ihre Theorie entstand aus der Reflexion ihrer dortigen Tätigkeit.http://de.wikipedia.org/wiki/Jane_Addams