Bernhard Strobel: Ein dünner Faden . Erzählungen

Belletristik
B. Strobel: Ein dünner Faden
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Online-Publikation: Februar 2015  im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung

Edition Lyrik Kabinett : 152 Seiten, 21x13 cm, gebunden; ISBN 978-3-85420-960-7; € 19.–
Literaturverlag Droschl, A-8043 Graz, http://www.droschl.com

Charakteristika
Schnörkellose Schilderungen des
mühsam unterdrückten Alptraums im Häuschen im Grünen

Inhalt
»Menschliche Katastrophen als Stillleben«, so wurden Bernhard Strobels Erzählungen von Kritikern beschrieben.
Die Menschen auch in seinen neuen Geschichten sind entsetzlich genervt voneinander, und diese Gereiztheit
steht jeweils knapp vor einer beängstigenden Entladung.
Die lethargischen, schweigsamen (oder sprechfaulen?) Helden dieser Texte leben fast ausschließlich in ihren
kleinen Häuschen, nicht in der Stadt, nicht am Land, sondern in der Region dazwischen; es gibt den kleinen oder
größeren Garten, es gibt die obligatorische Garage, es gibt Nachbarn – und es gibt Kinder. Und das Ergebnis
ist das schiere Gegenteil von Idylle: Vorwürfe, Aggressionen, Misstrauen, viel Unausgesprochenes und Geheimnisse,
die Strobel, der »Meister des Weglassens«, seinen Personen ohnehin belassen würde, da er ihnen so wenig
nahetritt, wie diese Personen Distanz zueinander halten. Die Groteske rund um diese Kleinstadthelden zeigt aber
manchmal auch ihre komischen Seiten, etwa in der meisterhaften, in jedem Satz verblüffenden Brieferzählung, in
der ein Rollstuhlfahrer in einem Krankenhaus seine Misanthropie nur allzu bereitwillig an den Nagel hängt.
»Hier wächst eine stille Opposition zum erzählerischen Mainstream heran, die bald schon mehr Zulauf bekommen
könnte.« (Sebastian Fasthuber im ›Falter‹)
Bernhard Strobel, geboren 1982 in Wien, lebt in Neusiedl am See.
Autor und Übersetzer aus dem Norwegischen. Studium der Germanistik
und Skandinavistik an der Universtität Wien.
Veröffentlichungen: Sackgasse, Erzählungen (Droschl 2007), Nichts,
nichts, Erzählungen (Droschl 2010); ebenfalls bei Droschl erschienen
seine Übersetzungen von Tor Ulven. Diverse Preise und Auszeichnungen,
u.a. Literaturpreis des Landes Burgenland 2003, Förderpreis
der Stadt Wien 2014.

Fazit
Unglaublich irritierend - an der Kante der Wirklichkeitsnähe scheint er "Ein dünner Faden", einen 'rotbraunen Tropfen am Tellerrand' vorlassend, er hing ohne selbst zu fallen - wirkt dieser Schwebezustand im Schreibstil von Bernhard Strobel in seinem Erzählband und charakterisiert seine literarische Vorgehensweise im Kern. Er schildert den Menschen in seiner situativen Ohnmacht, fast alles zu ahnen, ja zu wissen und dennoch so gehemmt zu sein, seine Lage zurecht rücken zu können. Strobel durchpulst eine nahezu hellsichtige Beobachtungskraft in seinen unmerklich 'ungefähren Figurationen und Szenen. m+w.p15-3